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Thriller „El prófugo“ auf der BerlinaleStörgeräusche aus dem Körper

Natalia Metas „El prófugo“ ist ein argentinischer Psychothriller. Für die Hauptfigur verschwimmen Traum, Wirklichkeit und Wahn.

Inés (Érica Rivas) im Studio mit vollem Einsatz bei der Arbeit Foto: Rei Cine SRL, Picnic Producciones SRL

Dies wäre der erste „dunkle“ Film des Wettbewerbs. Carlo Chatrian, der neue künstlerische Leiter der Berlinale, hatte die Auswahl an Bären-Konkurrenten in diesem Jahr als dunkel bezeichnet. Der Film „El prófugo“ der argentinischen Regisseurin und Produzentin Natalia Meta ist so ein Film. Genauer gesagt, er ist verschattet.

Verschattet sind die Räume, in denen der Großteil der Handlung spielt – nächtliche Schlafzimmer, Tonstudios, Konzertsäle –, und dazu passend zeichnen sich auf den Gesichtern der Figuren tief furchende Schatten ab. Verschattet ist auch das Leben von Inés (Érica Rivas). Die Sängerin eines Chors in Buenos Aires hat eine heftige Trennung hinter sich. Ihr aufdringlicher Freund Leopoldo ist im gemeinsamen Urlaub, so erzählen es die ersten Szenen, im Hotelpool ertrunken.

Wie er dort hineingekommen ist, erfährt das Publikum nicht. Man sieht, wie Inés sich bei einem Streit mit Leopoldo im Bad des Hotelzimmers einschließt, dann hört man bloß noch ein Rumpeln, Poltern und Rumoren. Als Inés später aus dem Bad kommt, um nachzusehen, was geschehen ist, fällt ihr Blick vom Balkon aus auf den leblos im Wasser treibenden Körper Leopoldos.

Natalia Meta erzählt in „El prófugo“ fast mehr durch Klänge als durch Bilder. Klänge bestimmen auch das Leben von Inés. Die Sängerin arbeitet tagsüber als Synchronsprecherin in einem Tonstudio. Dort darf sie japanischen B-Movies ihre Stimme leihen: SM-Pornos, Horrorfilme, nichts zum Entspannen.

Termine

22. 2., 12 Uhr, Friedrichstadtpalast

22. 2., 20 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

23. 2., 15.30 Uhr, Friedrichstadtpalast

1. 3., 17.15 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

Angespannt ist Inés aber ohnehin seit Leopoldos Tod. Sie schläft schlecht, hat Albträume. Immer wieder sieht man sie nachts im Bett, während etwas sich unter der Decke ihre Beine hochschlängelt. Auch in einem der japanischen Streifen, die Inés synchronisiert, hatte sich ein schlangenartiges Wesen am Bein einer Protagonistin aufwärtsbewegt.

Ein aufdringlicher Orgelstimmer

Mehr und mehr lässt Meta dann die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit für Inés verrutschen. Auf einer Party tanzt plötzlich vor ihr Leopoldo. Der Orgelstimmer Alberto, den sie oft bei den Chorproben sieht, beginnt in ihr Leben zu einzudringen. Ihre Mutter kommt unangekündigt, nistet sich in Inés’ Wohnung ein, verbrüdert sich mit Alberto. Sie alle nehmen Inés mit einer Penetranz in Beschlag, die etwas Surreales hat. Schon Leopoldo hatte sich Inés höchst auf- und eindringlich gezeigt, sie unablässig zu ihren Träumen gelöchert, ein Plagegeist sondergleichen.

Da Inés auch Psychopharmaka nimmt, verschiebt sich für sie zusätzlich die Grenze zwischen Vernunft und Wahn. Irgendwann weiß man beim Zusehen nicht mehr: Ist dies nun Traum, Wachbewusstein oder Wahn – oder eine Kombination aus diesen Zuständen?

Die psychedelische Kombination von Tonstudioarbeit und Wahnsinn hatte in ähnlicher Form schon der Film „Berberian Sound Studio“ (2012) von Peter Strickland zelebriert. Bei Natalia Meta kommt der Körper als Irritationsmoment hinzu, denn Inés scheint durch ihre Angespanntheit bei den Aufnahmen Störgeräusche zu produzieren. Die Quelle für dieses Brummen wird nie aufgelöst. Überhaupt bleibt man am Ende im Ungefähren zurück, mit viel Atmosphäre, und ein wenig ratlos.

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