Theologin über Gewalt gegen Frauen: „Wir beten und klären auf“

Ein Frauengottesdienst am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen? Die Protestantin Magdalena Möbius meint, das reicht nicht.

Noch immer oft tabuisiert: Gewalt gegen Frauen. Bild: dpa

taz: Frau Möbius, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz beteiligt sich am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen an einem Ökumenischen Frauengottesdienst. Hilft Beten gegen Gewalt?

Magdalena Möbius: Für uns gehören Gebet und Aktion zusammen. Wir sagen: Gott steht auf unserer Seite in unserem Einsatz für Gerechtigkeit für Frauen. Beten hilft, Themen, die auf den Nägeln brennen, bewusst zu machen.

Ist das nicht ein bisschen wenig?

Wir beten ja nicht nur. Im Anschluss an den Gottesdienst, der seit 1997 veranstaltet wird, findet eine Informationsveranstaltung statt. Da geht es beispielsweise um Ursachen von Gewalt, um politische Strategien dagegen und um Aufklärung, wohin sich betroffene Frauen wenden können.

Betroffene finden also direkte Hilfe?

Zumindest Ansprechpartnerinnen, die Kontakte vermitteln können. Wobei viele Frauen, die zu diesen Gottesdiensten kommen, schon viel über das Thema wissen, über ihr ehrenamtliches Engagement oder beruflich, beispielsweise in Frauengruppen, Jugend- oder Fortbildungsarbeit. Und sie kommen aus verschiedenen Kirchen, neben evangelischen und katholischen sind auch Frauen aus orthodoxen Kirchen und Baptistinnen dabei.

Die 47-jährige ist Theologin und Studienleiterin für Frauenarbeit bei den kirchliche Diensten der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Tun Kirchen hierzulande genug gegen Gewalt an Frauen und Kindern?

Dagegen kann man nie genug tun, wenn, um nur ein Beispiel zu nennen, alle drei Minuten in Deutschland eine Frau vergewaltigt wird. Die Kirchen leisten in dem Bereich aber auch ganz praktische Arbeit. Sie betreiben Frauenhäuser, Frauenzentren, Beratungsstellen. Andererseits leiden diese Anlaufstellen ständig unter Geldmangel. Gewalt wird vor allem möglich, wenn es ein Machtgefälle gibt.

Die Kirchen sind männerdominierte Organisation, in denen Frauen eine untergeordnete Rolle spielen. Ein idealer Ort für Gewaltpräsenz.

Der 25. November ist seit 1981 der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Seitdem organisieren Menschenrechtsorganisationen in der ganzen Welt verschiedene Veranstaltungen, darunter Demos und Podiumsdiskussionen. 2011 stellte Michelle Bachele, Leiterin von UN Women, einen 16 Punkteplan vor um Gewalt gegen Frauen vor. Er soll die Gewalt an Frauen weltweit beenden. Alle drei Minuten wird in Deutschland eine Frau vergewaltigt, hat Terre des Femmes ausgerechnet. Die Frauenrechtsorganisation hat dafür die Polizeiliche Kriminalstatistik und Angaben einer Gewalt-Studie des Familienministeriums zusammengerechnet.

Richtig. Da gibt es noch viel zu verändern. Die Überwindung der männlich dominierten Sprache in der Evangelischen Kirche ist überhaupt nicht umgesetzt. Allerdings bewegt sich auch was, beispielsweise in der katholischen Kirche, damit Frauen mehr Einfluss bekommen. Manche Katholikinnen fordern ein geistliches Amt für Frauen. Unser Gottesdienst ist eine gemeinsame Aktivität auch für Geschlechtergerechtigkeit.

Löst das die verkrusteten Strukturen auf?

Traditionen zu verändern, ist schwer. Das betrifft nicht nur die katholische Kirche. Die gläserne Decke, also die subtile Form, Frauen aus höheren Ämtern auszuschließen, ist überall noch mächtig.

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