Teurere Fußball-EM 2024 in Berlin: 22 Millionen sind keine Peanuts
Wirtschaftssenatorin Giffey (SPD) relativiert die gestiegenen Kosten für die Europameisterschaft. Falsch ist das nicht – aber nur die halbe Wahrheit.
N ice try. Das lässt sich über den offensichtlichen Versuch von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey sagen (SPD), mit einem relativierenden Satz eine unliebsame Debatte zu beenden, nämlich die über die sprunghaft gestiegenen Kosten für die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Berlin. Die betragen nicht 61 Millionen Euro, wie noch im Herbst 2022 vom Senat ins Auge gefasst, sondern, wie Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) vor einer Woche im Sportausschuss einräumte, fast 83 Millionen. Das kommt einer Steigerung von über einem Drittel gleich.
Giffeys Botschaft sinngemäß am Dienstag in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung lautete nun: Viel Geld, ja – aber das werde der Stadt viel mehr an Rendite bringen als diese zu investierende Summe. Tiefgehende Studien, die das belegen, trug Giffey nicht vor, aber das dürfte durchaus so stimmen.
Sechs Spiele der EM stehen in Berlin an, darunter je ein Achtel- und ein Viertelfinale sowie als Höhepunkt das Endspiel. Das sind zusammengerechnet schon mal 450.000 Zuschauer im Olympiastadion. Lässt nur jeder und jede von denen knapp 200 Euro in der Stadt, wären das schon 90 Millionen und damit mehr als die nun geplanten fast 83. Natürlich werden diese nicht alle nur ein Spiel schauen, aber dafür vielleicht auch nicht nur 200 Euro ausgeben.
Mit Studien zu hantieren, wäre auch zu langwierig gewesen in einer Pressekonferenz, die ohnehin schon vollgepackt war mit so gewichtigen Themen wie den Folgen des Hamas-Angriffs und einer Bilanz des 52-Punkte-Plans des schwarz-roten Senats. Dass Giffey das Thema der EM-Kosten trotzdem von sich aus kurz ansprach, dürfte viel damit zu tun haben, dass sie eben nicht nur Wirtschaftssenatorin, sondern auch SPD-Landesvorsitzende ist.
Spranger muss die Kostensteigerung aufklären
Denn die erhebliche Steigerung der EM-Kosten, genauer: deren Bekanntwerden und Bestätigung durch Spranger, ist zeitlich zusammengefallen mit dem Personalwechsel an der Spitze der auch für Sport zuständigen Innenverwaltung. Senatorin Spranger hat dort die für Sport zuständige Staatssekretärin ausgetauscht, was nicht allen in der SPD gefiel. Eine zusätzliche Debatte über gestiegene Ausgaben einer Sportgroßveranstaltung – im Zweifelsfall wie eine Olympiabewerbung von der Parteilinken sowieso höchst kritisch beäugt – braucht gerade weder Giffey noch Spranger.
Insofern ist es nachvollziehbar, wie Giffey zu argumentieren und vermitteln zu wollen, dass die 22 zusätzlich nötigen Millionen Euro nicht so wirklich ins Gewicht fallen. Das stimmt aber nur zur Hälfte, und damit bleibt es bei einem bloßen Versuch, eine breite Wieso-hat-Berlin-für-so-was-Geld?-Debatte zu stoppen. Zwar werden auch die zusätzlichen Kosten Berlin am Ende mutmaßlich nicht ins Minus reißen. Doch aus mathematischer Logik ergibt sich: Das Plus, das am Ende stehen dürfte, wird nach dieser Steigerung um 22 Millionen geringer ausfallen.
Das ist zwar nur etwas mehr als ein halbes Promille des künftigen Landeshaushalts, der fast 40 Milliarden schwer ist. Allerdings diskutieren die Ausschüsse des Abgeordnetenhauses gerade auch über lediglich fünfstellige Posten im Etat-Entwurf, also einige zehntausend Euro, die bei einem Projekt oder einer Beratungsstelle wegfallen sollen. Im Vergleich dazu sind 22 Millionen dann durchaus keine „Peanuts“, als die ein früherer Deutsche-Bank-Chef mal eine ähnliche große Summe bezeichnete.
Giffeys Aussage, dass die EM Berlin mehr einbringen wird als die Stadt investiert, ist darum nicht falsch. Aber sie legt nahe, dass das mit der Kostensteigerung grundsätzlich nicht so schlimm ist. Das aber darf nicht der Anspruch an die Arbeit eines Ministeriums oder einer Senatsverwaltung sein. Spranger bleibt in der Pflicht, komplett aufklären zu lassen, wie es zu der Steigerung kommen konnte – und wie sich so etwas bei der nächsten Großveranstaltung bis hin zu einer Olympiabewerbung verhindern lässt.
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