Fan-Zone am Brandenburger Tor: Wahnsinn auf Kunstrasen

Iris Spranger, im Senat für Sport zuständig, begeistert sich mit ihrem Kulturkollegen Joe Chialo über das Ambiente des Begleitprogramms zu Fußball-EM.

Das Foto zeigt Innensenatorin Iris Spranger (SPD) Arm in Arm mit Kultursenator Joe Chialo (CDU) auf Kunstrasen vor dem Brandenburger Tor.

Echte Fans unter sich: die Senatsmitglieder Spranger (SPD) und Chialo (CDU) auf Kunstrasen vor dem doppelten Brandenburger Tor Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz | War das eigentlich Teil der Jobbeschreibung? Dass die künftige Innensenatorin, weil auch für Sport zuständig, gefühlt größter Sportfan Berlins sein sollte? Nachlesen geht nicht, denn so eine Ausschreibung gab es ja gar nicht – die Regierungsposten werden sozusagen freihändig vergeben. Wer am Dienstagmittag die SPD-Politikerin Iris Spranger auf dem grünen Kunstrasen vor dem Brandenburger Tor erlebt, könnte aber schon auf den Gedanken kommen, dass diese Fan-Komponente eine Rolle spielte, als sie 2021 ins Amt berufen und 2023 darin bestätigt wurde.

Spranger und Kultursenator Joe Chialo (CDU) sind gekommen, um das zu bewerben, was sich bei der Fußball-Europameisterschaft, kurz EM, auf diesem Kunstrasen abspielen soll. Der deckt gut einen Kilometer lang vom Brandenburger Tor an die Straße des 17. Juni ab, die von Mitte Juni bis Mitte Juli nicht bloß Ort gemeinsamen öffentlichen Fußballguckens sein soll, sondern auch Schauplatz von 100 Kulturveranstaltungen, etwa Freiluftkino und Tanz.

„Es ist Wahnsinn, es hat sich gelohnt.“ Senatorin Spranger ist schier hin und weg – auch über das Metallgerüst, das hinter ihr ein 64 mal 26 Meter großes Fußballtor darstellen und das Brandenburger Tor einrahmen soll. Das aber zugleich an eine Gasüberleitung erinnert, die man nicht im Boden hat unterbringen können. Was viel damit zu tun hat, dass in dem Tor kein Netz hängt – und auch künftig nicht hängen soll.

Für Chialo, obwohl sonst im Senat für Optimismus und gute Laune zuständig, bleibt neben Spranger kaum mehr als eine Statistenrolle übrig. Die Innensenatorin spricht dann noch von den „nachhaltigsten Spielen überhaupt“. Spiele? Jetzt ist doch EM. Gut möglich, dass Spranger schon beim nächsten, noch größeren Projekt ist, einer vom Senat wohlwollend betrachteten Bewerbung für die Olympischen Spiele.

Bei solcher Begeisterung kommen natürlich jene, die das kritischer sehen, schnell als Spaßbremsen daher. „Mit Kunst­rasen stopft man kein Haushaltsloch“, überschreibt etwa die Grünen-Landesparlamentarierin Klara Schedlich ihre Kritik an jenen 24.000 Quadratmetern künstlicher Grünfläche, die 1,2 Millionen Euro kosten würden. Der Rasen werde später fast komplett weiter genutzt, auf Bolzplätzen und an Schulen, heißt es von den Organisatoren. Glaubt man Schedlich, war das nicht von Anfang an geplant: Nur „auf Druck hin“ habe der Senat angekündigt, den Kunstrasen nach der EM zu recyceln. Aus ihrer Sicht ein zweifelhaftes Geschenk: „Wer freut sich über Kunstrasen, auf dem Tausende Fußballfans wochenlang gestanden, gefeiert, Bier verschüttet und Unrat hinterlassen haben?“

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