Teurer Neubau: Lüneburger Uni muss abtakeln
Wegen der Kostenexplosion beim Bau eines neuen Gebäudes muss die Leuphana sparen. Viele befürchten, dass die Forschung betroffen ist.
BERLIN taz | Die Universität Lüneburg muss beim Bau ihres millionenschweren neuen Zentralgebäudes sparen. Der schiffsähnliche Bau des US-Architekten Daniel Libeskind macht zurzeit vor allem wegen ständig steigender Kosten Schlagzeilen. Regionale Zeitungen berichten in dieser Woche, dass das Präsidium über Einsparungen in Höhe von 3,7 Millionen Euro nachdenkt.
In der kommenden Woche wird der Haushaltsausschuss des niedersächsischen Parlaments nämlich entscheiden, ob er zugesagte Landesmittel in Höhe von 21 Millionen Euro tatsächlich freigibt. Der Landesrechnungshof rät davon ab. In einem Bericht vom März, der der taz vorliegt, heißt es: „Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Handlungsmöglichkeiten des Landes in diesem Fall begrenzt sind.“ Der Rechnungshof sieht „erhebliche Kosten- und Finanzierungsrisiken“.
Die Prüfer gehen davon aus, dass im schlimmsten Fall bis zu 23 Millionen Euro zusätzlich aufgebracht werden müssten, um das Bauvorhaben abzusichern. Das jedoch nur für den günstigen Fall, dass es tatsächlich bei 76 Millionen Euro Gesamtbaukosten bleibt. Der Libeskind-Bau könnte aber am Ende sogar 94 Millionen Euro verschlingen, so die Prüfer – fast doppelt so viel wie anfangs geplant.
Die Universität hatte versichert, die Mehrkosten selbst zu tragen. Universitätssprecher Henning Zühlsdorf bestätigt der taz, dass man über Einsparungen in Millionenhöhe nachdenke. Forschung und Lehre seien aber definitiv nicht betroffen.
„Reichen gerade Wände nicht auch aus?“
Das aber bezweifeln inzwischen viele an der Universität. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) hatte deshalb am Mittwoch zur Vollversammlung eingeladen. Auffällig viele Professuren seien derzeit nicht besetzt. „Der größte Teil der Studierenden sieht den Neubau sehr skeptisch und fragt sich: Reichen gerade Wände nicht auch aus?“, sagte AStA-Sprecher Thorben Peters. Die extravagante Architektur trägt maßgeblich zu den hohen Baukosten bei.
Es werde bereits gespart, berichten Insider. So bekämen neue Professoren weniger Gehalt und Beschäftigte zugeteilt, wissenschaftliche Mitarbeiter würden nur noch mit kurz befristeten Verträgen eingestellt.
Wo das Präsidium tatsächlich spart, ist wenig transparent – Einblick in den Haushalt der privatrechtlichen Stiftungshochschule hat nur der Stiftungsrat. In dem siebenköpfigen Gremium sitzen Vertreter aus Wissenschaft und Politik, darunter auch einer des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums.
Ressortchefin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) lässt übermitteln, man gehe derzeit davon aus, dass die Universität die Mehrkosten selbst trage. „Ein Baustopp oder Umbau steht aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr zur Debatte.“
Das Ministerium wird dem Parlament deshalb wahrscheinlich empfehlen, das Landesgeld freizugeben. Die Zeit drängt – bis Ende 2015 muss ein Großteil verbaut sein, weil sonst die EU ihren Zuschuss zurückfordert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht