Terror-Alarm wird untersucht: „Unmittelbare Einflussnahme“
Der Untersuchungsausschuss zum Anti-Terror-Wochenende dient für den CDU-Abgeordneten Wilhelm Hinners der Aufklärung politischer Verantwortung.
taz: Herr Hinners, ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss, initiiert von Linksfraktion und CDU – wie konnte das denn passieren?
Wilhelm Hinners: Die Aufklärung ist entscheidend, und da unterstützen wir auch Die Linke, die aufgrund der 25-Prozenthürde den Untersuchungsausschuss alleine nicht hinbekommen hätte. Ich halte nicht viel davon, das ideologisch zu sehen, sondern ich denke, die Bürger haben ein berechtigtes Interesse daran, dass diese Sache aufgeklärt wird.
Welche Fragen sind vor allem aufklärungsbedürftig?
Zunächst wäre da der Ablauf vom Beginn des konkreten Terrorwarnungs-Hinweises im Laufe des letzten Februar-Freitags. Da muss genau herausgestellt werden, wer wann wo welche Informationen bekommen hat und was dann daraus gemacht wurde.
Was meinen Sie da konkret?
Nun, der Innensenator hat ja von drei unterschiedlichen und unabhängigen Terror-Hinweisen gesprochen. Und nach der Aufklärungsarbeit, die wir ja schon geleistet haben, wurde stets gesagt, hier sein nun alles geklärt. Das sehe ich aber nicht so, denn die Arbeit in der parlamentarischen Kontrollkommission, in der Innendeputation oder im Rechtsausschuss läuft anders als in einem Untersuchungsausschuss.
Inwiefern?
Ein Untersuchungsausschuss hat sozusagen strafprozessuale Möglichkeiten – wie eine Staatsanwaltschaft. In allen anderen Ausschüssen kann jeder Geheimnisträger aus der öffentlichen Verwaltung sagen: Dazu darf ich nichts sagen. Das geht so jetzt nicht mehr.
Ein Urteil, zumindest zur Durchsuchung des Islamischen Kulturzentrums IKZ, hat das Landgericht ja bereits gefällt ...
Das Landgericht kritisiert ja dezidiert, dass es hier ohne nachvollziehbare, schriftliche Begründung zur Durchsuchung gekommen ist. Für uns ist entscheidend: Wie ist es dazu gekommen? Da ist immerhin eine Kirche durchsucht worden! Das muss genauso aufgeklärt werden wie die Frage, wieso das IKZ vorher stundenlang nicht überwacht wurde und wie es zu einer Ingewahrsamnahme gekommen ist.
Haben Sie da eine Vermutung?
Ich weiß nur, dass Fehler passieren können. Aus denen muss man aber lernen. Es muss nun unsere Aufgabe sein, bei der Polizei zu erfragen, wie sie sich künftig aufstellen wird, um so etwas zu vermeiden.
Wen wollen Sie im Untersuchungsausschuss vordringlich befragen?
Alle Entscheidungsträger, sowohl von der Polizei als auch vom Verfassungsschutz, aber vor allem die Personen auf der politischen Ebene, denn der Innensenator war von Anfang an in die Geschehensabläufe involviert. Er hatte von Anfang an die politische Verantwortung. Er ist nachweislich am betreffenden Samstag mehrfach im Lagezentrum der Polizei gewesen, gemeinsam mit seinem ganzen Stab aus der Innenbehörde. Die unmittelbare politische Einflussnahme war allein schon physisch da.
War der Anti-Terror-Einsatz Resultat politischer Einflussnahme des Innensenators?
Immerhin hat dieser riesige Aufschlag zweieinhalb Monate vor der Wahl stattgefunden. Und dann macht mich durchaus misstrauisch, dass nach einem Tag massiven Polizeiaufgebots und abendlicher Durchsuchungsmaßnahmen alles wieder auf null gefahren wurde – obwohl nichts dabei herausgekommen ist. Auch diese merkwürdige Vorgehensweise muss aufgeklärt werden.
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