Tennis Laver Cup: Pause von der Einsamkeit
Der Laver Cup ist ein Showkampf der besten Profis, bei dem es vor allem darum geht, die Werbepartner ins Bild zu setzen. Tennis wird auch gespielt.
Und in dem Hochglanzmagazin, das extra für die Veranstaltung gedruckt wurde, war er auch auf jeder zweiten Seite als Markenbotschafter für alles Mögliche aus der Rolex-Preisklasse zu sehen. Ehemalige Tennisprofis scheinen da ganz andere Möglichkeiten zu haben als ein Ex-Fußballer wie Lothar Matthäus, der für einen dubiosen Wettanbieter und ein Autopfandleihhaus Werbung machen muss.
Der Schweizer und dessen Managementfirma sind Miterfinder des Spektakelformats Laver Cup, benannt nach der australischen Tennislegende Rod Laver. Vor sieben Jahren fand es erstmals statt und war gleich ein großer Erfolg. Die Mischung aus Show, Glamour, hohem Star-Aufgebot und ansehnlichem Tennis kam auch in Berlin gut an.
Es gab zwar viel Gemecker über zu hohe Ticketpreise, aber an den drei Tagen, an denen ein „Team World“ gegen ein „Team Europe“ um den Gewinn eines Pokals und ordentliche Preisgelder kämpfte, war die Halle, in der fast 15.000 Zuschauer Platz fanden, die meiste Zeit ziemlich gut besucht. Federer selbst war zugegen, außerdem Boris Becker, Basti Schweinsteiger und andere, die für einen gewissen Promifaktor während der Veranstaltung sorgten.
Gut vermarktet ist halb gewonnen
Hinter dem Laver Cup steckt viel geschicktes Marketing. Ein Turnier, dessen sportlicher Wert überschaubar ist, schließlich werden hier keine Weltranglistenpunkte verteilt, so zum Megaereignis für jeden Tennisfan hochzujazzen, bei dem man einfach dabei zu sein hat, das muss man so auch erst einmal hinbekommen. Aber das Locken mit den ganzen Superlativen und den hochkarätigen Stars funktioniert.
Damit, ein paar der besten Tennisspieler der Welt beim Einsatz erleben zu können, wurde auch für den diesjährigen Laver Cup geworben. Am Ende musste auf ein paar der ganz großen Namen, auf Rafael Nadal, Novak Djocovic und Jannik Sinner, die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, verzichtet werden. Vor allem auf Nadal hatten sich viele gefreut. Federer spielte sein letztes Match auf großer Bühne während eines Laver Cups; spekuliert wurde deswegen, ob es Nadal ihm vielleicht gar in Berlin gleichtun würde. Doch die Starpower war auch ohne Nadal noch immens. Carlos Alcaraz, Alexander Zverev, aber auch der aufstrebende, junge US-Amerikaner Ben Shelton, der bei seinen Auftritten aufregendes Serve-and-Volley-Tennis bot, waren dabei.
Zur Attraktivität des Laver Cups trägt die Art und Weise bei, wie er ausgetragen wird. Zwei Chefcoaches mit Legendenstatus, beide noch aus der Ära kommend, in der man mit Holzschlägern gegeneinander antrat, führen ihre Teams an. Seit Erfindung des Wettbewerbs der ruhige Schwede Björn Borg die Europäer und sein einstiger Lieblingskontrahent auf dem Platz, der frühere Tennisrüpel John McEnroe, die Weltauswahl.
Drei Tage lang saßen sie von mittags bis abends gemeinsam mit den von ihnen nominierten Spielern auf den Bänken und gaben Tipps, die ihre Schützlinge vielleicht sogar wirklich auf dem Court umzusetzen versuchten. Von der alten Generation können auch die Jungen noch etwas lernen, lautete hier die fast schon rührende Botschaft.
Wahrer Teamgeist
Niemand ist so einsam wie ein Tennisspieler auf dem Platz, heißt es immer wieder. Bei den großen Turnieren ist Coaching zwar inzwischen erlaubt, aber nur durch Zurufe oder Zeichensprache aus dem Zuschauerbereich. Keiner setzt sich da neben einen beim Seitenwechsel und redetet einem gut zu oder reicht die Wasserflasche.
In Berlin aber, als etwa Alexander Zverev am Ende erfolglos versuchte, gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz Punkte für sein Team einzufahren, saß neben dem Deutschen nicht nur der fast schon großväterlich wirkende Borg, sondern auch seine Mitstreiter aus dem „Team Europe“ sprangen permanent aus ihren Sitzgelegenheiten empor und redeten auf ihn ein.
Selbst der Russe Daniil Medwedew, dem nicht unbedingt das allerbeste Verhältnis zum aktuell besten Tennisspieler Deutschlands nachgesagt wird, feuerte Zverev nach anfänglicher Lustlosigkeit irgendwann an.
Ein Einzelsport, der sich auch im Gefüge einer Mannschaft gut präsentieren lässt, das funktionierte früher einmal gut beim Nationenwettbewerb Davis Cup, bevor der deutlich an Bedeutung verloren hat. An dem Spaß, den auch die Spieler hatten, die gerade nicht auf dem Platz standen, konnte man nun in Berlin sehen, dass sie das ungewohnte Miteinander statt des ewigen bloßen Gegeneinanders durchaus genießen konnten.
Aber nur wegen der guten Zeit und der Prämien waren sie dann auch nicht hier in Berlin. Daniil Medwedew zum Beispiel hätte sein Einzel gegen Ben Shelton wohl schon gerne gewonnen. Als er merkte, dass ihm die Partie zu entgleiten drohte, schmiss er aus Wut seinen Schläger meterweit. Und ganz am Ende, als es am Sonntag spät am Abend sogar noch richtig spannend wurde und das Einzel zwischen Carlos Alcaraz und Taylor Fritz darüber entscheiden sollte, welches Team in diesem Jahr den Laver Cup nach Punkten gewinnen wird, wirkte die Freude des Spaniers ziemlich echt, als er für sein Team den entscheidenden Sieg holte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“