Tempelhofer Feld: Cabuwazi soll Zelte abbrechen
Der Kinderzirkus auf dem Tempelhofer Feld verstößt nach Ansicht der Senatsumweltverwaltung gegen das Bebauungsverbot.
Der Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi wird seine Zelte auf dem Tempelhofer Feld abbrechen müssen – sagt die Senatsumweltverwaltung. Man habe „intensiv geprüft, ob die auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung für den jetzigen Standort verlängert werden kann“, teilte Sprecherin Dorothee Winden der taz am Dienstag mit. „Dies ist nach dem Tempelhofer-Feld-Gesetz aber ausgeschlossen.“ Es würden nun Gespräche mit dem Zirkus sowie den Senatsverwaltungen für Gesundheit und für Stadtentwicklung geführt, um zu klären, ob Alternativstandorte im Umfeld in Frage kämen.
Die Cabuwazi-Geschäftsführung reagierte erstaunt. Bislang habe es andere Signale gegeben. Der „Chaotisch Bunte Wanderzirkus“ bietet seit 25 Jahren Kinder- und Jugendarbeit an mittlerweile fünf Standorten in Berlin an. Das Zelt auf dem Tempelhofer Feld unweit des Columbiadamms entstand 2016 zusammen mit den „Tempohomes“ für Geflüchtete und wurde von dessen BewohnerInnen, aber auch von Kindern aus der Umgebung genutzt.
Das Problem: Auf dem Gelände darf aufgrund des per Volksentscheid verabschiedeten Tempelhofer-Feld-Gesetzes nichts gebaut werden. Für die Errichtung der Tempohomes wurde das Gesetz geändert, aber nur für einen dreijährigen Zeitraum, der Ende 2019 endet. Die Geflüchteten wurden gerade ausquartiert, die Container werden abgebaut. In diesem Zusammenhang tauchte die Frage auf, ob auch der Cabuwazi weichen muss.
Eigentlich gebe es niemanden, der etwas gegen den Standort habe, meint Cabuwazi-Geschäftsführer Karl Köckenberger: „Alle sagen uns: Ihr sollt bleiben, wo ihr seid – euer Angebot passt perfekt zum Tempelhofer Feld.“ Eine Vertreterin der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ hatte allerdings gegenüber dem Tagesspiegel die Sorge geäußert, dauerhaft genehmigte Zelte könnten zum Einfallstor für eine Randbebauung werden. Sie schlug vor, der Cabuwazi könne auf das betonierte Vorfeld ziehen, wo das Gesetz nicht gilt.
Keine gute Idee, findet Köckenberger: „Das wäre ein Riesenaufwand. Der Schwingboden müsste neu aufgebaut werden, wir müssten Ton- und Lichttechnik neu installieren. Wir sind ja nicht Krösus, sondern eine gemeinnützige Einrichtung.“ Dass das Gesetz dem Standort einen Strich durch die Rechnung macht, sieht der Geschäftsführer aber auch gar nicht: „Wir arbeiten mit Fliegenden Bauten, die sind nach dem Gesetz möglich.“ Darunter versteht man mobile Gebäude, die komplett ab- und wieder aufbaubar sind.
Dagegen heißt es aus der Umweltverwaltung: „Eine Genehmigung als ‚Fliegende Bauten‘ kommt nicht in Frage.“ Möglicherweise bezieht man sich auf einen Passus der Berliner Bauordnung, demzufolge bei Fliegenden Bauten, die länger als sechs Monate an einem Ort stehen, von einer „baulichen Anlage auszugehen“ ist. Unterstützung kommt aus der Politik: Die SPD-Abgeordneten Melanie Kühnemann-Grunow und Nicola Böcker-Giannini schrieben, der Zirkus leiste „einen einzigartigen Beitrag zu gelungener Integration“ und müsse „an dieser Stelle“ erhalten bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style