Telefontarife für Migranten: Vorsicht, Ethnotarif!
Handykonzerne bieten spezielle Tarife für Migranten an. Dabei nutzen sie gezielt die Sprachschwäche ihrer Kunden aus, um an Geld zu kommen.
BERLIN taz | Speziell auf Migranten ausgerichtete Handytarife sind oft intransparent und enthalten versteckte Kostenfallen. Eine ganze Verbrauchergruppe werde „mit wettbewerbsrechtlichen Verstößen und Lockangeboten in die Irre geführt“, klagten die Verbraucherzentralen Berlin, Hamburg und Bremen am Donnerstag. Zudem seien die Internetseiten der Mobilfunkanbieter oft verwirrend gestaltet, Informationen in der Muttersprache der Migranten fehlten häufig.
Zwischen Mitte Juni und Ende Juli 2014 hatten die Verbraucherzentralen zehn Ethnotarife von fünf in Deutschland häufig genutzten Mobilfunkanbietern für Telefonate in die Türkei und nach Russland untersucht. Das ist kein kleiner Markt: In Deutschland leben mehr als drei Millionen Türkisch sprechende Personen und über vier Millionen aus der ehemaligen Sowjetunion. Oft bleibt ihnen nur das Telefon, um Kontakt in die Heimat zu halten.
Diesen Markt haben einige Anbieter entdeckt: Für 25 Euro könnten diejenigen, „die auf nichts verzichten möchten“, einen Monat lang in die Türkei anrufen, warb die E-Plus-Tochter Ay Yildiz. Tatsächlich stieg der Preis nach einem Monat auf 29,99 Euro an, zudem galt das Flatrate-Angebot nur für das Festnetz. Das heißt, zehn Handyminuten kosten zusätzlich 1,20 Euro.
Laut Verbraucherzentralen nutzten viele Ethnotarife gezielt sprachliche Defizite Türkisch und Russisch sprechender Verbraucher aus. Die Konzerne böten diesen häufig keinen Zugang zu elementaren Informationen wie dem 14-tägigen Widerrufsrecht und auch keine Verträge mit mindestens 12 Monaten Laufzeit, wie es das Telekommunikationsgesetz fordert. So seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Muttersprache derzeit nur auf der Homepage des russischen Anbieters Star Rossija zu finden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen