: Telefonieren bald im Fernsehnetz der Telekom
■ EU fordert schnellere Privatisierung des TV-Netzes. Ortsgespräche könnten billiger werden
Berlin (taz) – Der Telekom droht auch bei den Ortsgesprächen die private Konkurrenz. Die EU- Kommission soll darauf drängen, daß der ehemalige Staatskonzern 50,1 Prozent seines bundesweiten TV-Kabelnetzes an andere Netzbetreiber verkauft. Damit könnten auch andere Telekommunikationsanabieter wie Otelo und Bosch ihre Dienste im Ortsnetz anbieten. Anders als bei den Ferngesprächen hält die Telekom hier noch ihr gewachsenes Monopol.
Laut Handelsblatt hat EU- Wettbewerbskommissar Karel van Miert das Unternehmen schriftlich aufgefordert, die Rechte an den Übertragungskapazitäten auf sechs eigenständige Gesellschaften zu übertragen. An ihnen soll die Deutsche Telekom AG sich nur noch mit höchstens 49,9 Prozent beteiligen dürfen. Mögliche Folge für die Telefonkunden: Telekom-Konkurrenten könnten die TV-Leitungen aufrüsten und in ein leistungsfähiges Netz für Telefon- und Internet-Anwendungen verwandeln. Mit dieser neuen Konkurrenz würden dann auch die Kosten von Ortsgesprächen unter Druck geraten.
Telekom-Sprecher Hans Ehnert lehnte gestern jede Stellungnahme ab: „Wir bestätigen den angeblichen Brief nicht.“ Ohnehin habe die Telekom bereits im Mai dieses Jahres beschlossen, ihr Fernsehnetz aufzuteilen. Als Kunden seien damals lokale Netzbetreiber und Investmentbanken im Gespräch gewesen. Allerdings bezweifelt Ehnert, daß hier eine Konkurrenz für das klassische Telefonnetz erwächst. Durch die hohen Investitionskosten in das Netz fahre selbst die Telekom in diesem Bereich jährliche Verluste von einer Milliarde Mark ein. Auch wenn es technisch möglich sei, das Netz von TV auf Telefon und Internet umzubauen, werde kaum ein Konkurrent bereit sein, die notwendigen hohen Investitionen zu tragen.
Dennoch würde der Verband der privaten Kabelnetzbetreiber es begrüßen, wenn die EU-Kommission die Privatisierung des TV- Breitbandnetzes beschleunigte. Deren Sprecher Jochen Müller sagte gestern, die Telekom versuche, den Verkauf hinauszuzögern, um auf den alten Telefonleitungen leistungsfähigere Sendetechniken zu entwickeln und am Markt zu etablieren. Auf den TV-Netzen sei es möglich, Internet-Anwendungen um das Zwanzigfache zu beschleunigen und auch noch Telefonsignale zu übertragen. Von einem solchen Angebot würden am ehesten große Wohnungsbaugesellschaften und Unternehmen profitieren. Einzelhäuser auf dem Lande werden, so Müller, auch in einem privatisierten Markt noch lange Zeit am Netz der Telekom hängen. Marcus Franken
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