Telefon von der Telekom: Der Schwiegermutterfilter
Ich musste ein neues Telefon kaufen, weil meine Schwiegermutter uns nicht mehr erreichen konnte. Also ging ich in den Telekomladen. Das war ein Fehler.
D as ganze Unheil fängt damit an, dass sich meine Schwiegermutter auf einmal vorwurfsvoll beschwert:
„Kinder, ich erreiche euch telefonisch überhaupt nicht mehr!“
Was sich zuerst wie ein Geschenk des Himmels anhört, entwickelt sich mit der Zeit leider zu einem unglaublichen Fluch:
„Osman, unser Telefon ist irgendwie kaputt“, meint auch meine Frau Eminanim daraufhin.
„Wieso denn kaputt? Schau doch, ich kann überall anrufen, sogar in die Türkei“, sage ich und rufe meinen Onkel Ömer an, um zu demonstrieren, dass mit unserem Telefon alles in bester Ordnung ist.
„Ja, aber mal funktioniert es und mal wieder nicht. Das ist doch doof. Zum Beispiel meine Mutter kann uns nicht mehr anrufen“, zischt meine Frau.
„Wieso doof? Gerade das spricht doch für seine überragende Intelligenz! Millionen Ehemänner träumen doch von so einem schlauen Telefon mit eingebautem Schwiegermutterfilter!“
Aber Eminanims Träume und Ehemänner-Träume waren leider noch nie wirklich identisch. Deshalb zwingt sie mich in die Stadt zu laufen, um mich über das Beste, was die Telekom bisher zustande gebracht hat, nämlich Schwiegermutterfilter, zu beschweren.
„Das kann gut sein, wir bauen nämlich gerade alles auf Super-Speed-Mega-10.000-XXL um“, grinst der junge Mann im Telekomladen begeistert.
„Hatten Sie nicht erst vor kurzem auf Speed-eine-Million-Kram umgebaut?“, frage ich leicht verwirrt.
„Freuen Sie sich doch drauf! Bald wird alles superschnell bei Ihnen ankommen“, schwärmt er und sein dicker Pickel auf der Nase glüht vor lauter Begeisterung.
„Wer wird superschnell bei mir ankommen? Meine Schwiegermutter? Sie soll nicht kommen, nur ab und zu mal anrufen, das reicht völlig!“
„Mann, ey, die Daten werden dann superschnell zu Ihnen kommen! Über die Autobahn!“
„Waas? Meine Schwiegermutter ist schon auf der Autobahn?“
„Datenautobahn! Datenautobahn! Dadurch können Sie alles superschnell runterladen! Und zusätzlich bekommen Sie ein megageiles rundum XXL-Super-Speed-10.000-Entertain-Paket!“, sagt er, drückt sich nebenbei einen Pubertätspickel aus, holt aus der Schublade ein Formular heraus und stellt mir völlig begeistert mindestens 30 Fragen, die ich alle kategorisch mit „Nein“ beantworte.
„Nein, ich will diesen Kram nicht! Ich will nur, dass meine Schwiegermutter bei uns ab und zu anrufen kann. Eigentlich will ich das auch nicht, aber meine Frau besteht unbedingt drauf.“
Als ich dann doch ganz schön geschafft endlich zu Hause ankomme, bin ich richtig stolz darüber, endlich auch mal „Nein!“ gesagt zu haben.
Aber als ich unser Wohnzimmer betrete, wartet der teure XXL-Super-Speed-10.000 Entertainment-Kram, den ich eben mit Händen und Füßen konsequent abgelehnt hatte, bereits in mehreren Kisten auf mich.
Da sage noch einer, die Telekom würde im Schneckentempo arbeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben