Teilabzug Russlands aus Syrien: Militärpräsenz weiter vorgesehen

In Genf wird wieder über eine politische Lösung für den Bürgerkrieg geredet. Moskau setzt nun ein Signal. Obama begrüßt dies. Die Opposition ist skeptisch.

Menschen in einer Straße halten eine Flagge in die Höhe.

BewohnerInnen der syrischen Stadt Douma halten die Nationalflagge hoch, um gegen russische Luftschläge zu protestieren (Bild vom 11. März 2016) Foto: dpa

WASHINGTON ap | Der von Kremlchef Wladimir Putin angekündigte Teilabzug russischer Truppen aus Syrien stößt international weitgehend auf Wohlwollen. US-Präsident Barack Obama begrüßte den Schritt in einem Telefonat mit Putin, beklagte allerdings auch anhaltende sporadische Verstöße gegen die seit Ende Februar geltende Waffenruhe, wie das Weiße Haus mitteilte. Auch der UN-Sicherheitsrat wertete den Moskauer Teilrückzug als „positiv.“

Mit der überraschenden Maßnahme will Putin nach eigenen Angaben den politischen Gesprächen über die Zukunft des Bürgerkriegslandes Schub geben. In Genf wird seit Montag wieder über eine politische Lösung für Syrien verhandelt, wo seit 2011 rund 250.000 Menschen ums Leben gekommen sind.

Moskau ist einer der engsten Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und hatte diesen seit Herbst 2015 massiv mit Luftangriffen unterstützt. Allerdings blieb zunächst offen, wie viele russische Militärs ab Dienstag Syrien verlassen sollen. Die Luftwaffenbasis in Hemeimim und den Marinestützpunkt in Tartus will Russland weiter nutzen, wie Putin klarstellte.

Auch Assad machte deutlich, dass das russische Militär weiter im Land präsent bleibe. Ein Vollabzug der Truppen sei nicht vorgesehen, sagte er über seine Staatsmedien. Die Reduzierung der russischen Truppenstärke entspreche der Situation vor Ort und der andauernden Eindämmung der Kampfhandlungen. Assad würdigte die Zusammenarbeit des syrischen und des russischen Militärs. Diese habe „Siege über den Terrorismus“ gebracht und das Land wieder sicher gemacht.

Opposition reagiert verhalten

Putin informierte auch Obama über seine Abzugspläne. Laut dem Kreml betonte der russische Präsident die Bedeutung einer Abstimmung zwischen Washington und Moskau, „um die Feuerpause zu wahren, die Lieferungen humanitärer Hilfe an belagerte Siedlungen und einen effektiven Kampf gegen Terrorgruppen“ zu gewährleisten. Das Gespräch zwischen Putin und Obama sei „sachbezogen und offen“ verlaufen, hieß es weiter.

Aus dem Weißen Haus verlautete, in dem Telefonat sei es um „nächste Schritte“ zur Umsetzung der Feuerpause in Syrien gegangen. Obama habe den Rückgang der Gewalt gewürdigt. Zugleich habe er Putin gedrängt, die syrische Regierung dazu anzuhalten, von Offensivaktionen abzusehen, die die brüchige Feuerpause untergraben könnten. Zudem attestierte Obama „einige Fortschritte“ bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe für Syrer hin. Allerdings erschwerten die syrischen Regierungstruppen weiterhin den Zugang zu einigen Gebieten, darunter Daraja.

In Genf reagierte die syrische Opposition verhalten auf Putins Ankündigung. Falls der Schritt dafür sorge, dass alle russischen Truppen aus Syrien entfernt würden, wäre das positiv, sagte deren Sprecher Salem Al Mislet. Zugleich mahnte er Putin, seinen Worten Taten folgen zu lassen, indem er „sagt, dass er an der Seite des syrischen Volkes steht, nicht an der Seite der syrischen Diktatur.“

Streitpunkt Assad

Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura wollte an diesem Dienstag mit Vertretern der Opposition zusammentreffen. Am Vortag hatte er sich mit der Delegation der Regierung getroffen. Die Konfliktparteien sind tief zerstritten darüber, welche Rolle Assad künftig spielen soll.

De Mistura mahnte zum Auftakt Ernsthaftigkeit an. Die Verhandlungen seien der „Moment der Wahrheit“. Ein erneutes Scheitern der Gespräche wie im Februar könne den Konflikt noch verschlimmern, warnte de Mistura. Der einzige „Plan B“ sei eine Rückkehr zum Krieg.

Der Bürgerkrieg in Syrien tobt seit fünf Jahren. Fast die Hälfte der 23 Millionen Einwohner vor dem Krieg wurde vertrieben. Mehr als 4,8 Millionen Menschen flohen ins Ausland. Zu den Leidtragenden gehören nach Darstellung des UN-Hilfswerks Unicef vor allem Kinder.

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