Technischer Fortschritt: Die Jugend kennt das Fax nicht mehr
Früher galt das Faxgerät als futuristisch, heute steht es vergessen und verstaubt im Keller. Ist das ein Problem oder ein Zeichen des Fortschritts?
Was soll noch gesagt werden über die Jugend von heute? Seit die Milchbärte anfingen, Schellackplatten als Frisbees zu benutzen, statt Charleston zu tanzen und Goethe zu lesen, ist doch sowieso alles verloren. Und jetzt auch noch das Fax. Der Branchenverband der Telekommunikationsunternehmen, Bitkom, meldete Ende vergangener Woche, dass drei von zehn Jugendlichen noch nie von Faxgeräten gehört habe.
Weitere technische Errungenschaften, die laut der veröffentlichten Umfrage eher unbekannt bei 6- bis 18-Jährigen sind: Wählscheibentelefon, Walkman und Disketten. Absoluter Spitzenreiter im Nebel juveniler Unkenntnis ist mit 88 Prozent übrigens der Pager. Wie gehen diese Kinder nur durchs Leben? Die können mit ihren Wissenslücken doch keine Arztserie verstehen.
Aber zurück zum Fax, dass vor gut vierzig Jahren seinen trillernd-kreischenden Siegeszug durch die Büroetagen dieser Welt antrat. Die Fernkopierer waren stylisch (wenn auch nicht unbedingt im ästhetischen Sinne) und teuer. Wer daheim eine Faxmaschine hatte, war diffus wichtig und sehr wahrscheinh eine gute Partie. Der Sciencefictionpate William Gibson pflegte über Jahre Interviews wenn überhaupt dann nur per Fax zu geben. Inzwischen ist er auf Twitter. Hunter S. Thompson, Schriftsteller und Journalist, hatte eine sehr persönliche Beziehung zu seinen Faxgeräten, mehrere davon erschoss er. Thompson ist nicht auf Twitter, Thompson ist tot. Und an den erinnern sich nicht einmal drei von zehn faxenden Erwachsenen.
Das Fax sollte eine Brückentechnologie sein auf dem Weg zum papierlosen Büro. Die Brücke steht noch, wenn auch etwas verschämt in den Ecken dunkler Kopierräume. Behörden- und Bürokommunikation scheint weiterhin vernarrt in Faxpapier und Sendeberichte („fehlgeschlagen“) zu sein. Wie auch in Stempelkissen und Umlaufmappen. Das erklärt aber, warum beunruhigende sieben von zehn Jugendlichen doch noch mit dieser eigentlich obsoleten Technologie bekannt sind.
In jedem Falle ist es geradezu atemberaubend zu sehen, wie schnell gerade noch hochmoderne Technik erst Abfall, dann Museumsexponat wird. Also: Heben wir unsere Faxgeräte gut auf. Wenn sich irgendwann nur noch eine von zehn Personen erinnert, was das ist, wird sie vielleicht ein paar Kröten für gut gepflegte Sammlerstücke springen lassen.
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