Technik von Cisco, Motorola und Co: Der Westen hilft Chinas Zensur
Google Rückzug ist ein Einzelfall. Andere Konzerne sehen in Chinas Unterdrückung kein Hindernis. Schlimmer noch: Firmen wie Cisco machen die Zensur erst möglich.
BERLIN taz | "Google setzt mit seinem Rückzug vom chinesischen Markt ein positives Beispiel für andere Konzerne in China", sagte Markus Beckedahl am Dienstag der taz. Beckedahl betreibt das Blog netzpolitik.org. "Nun wäre es wichtig, dass sich weitere Technologiekonzerne wie Microsoft und Yahoo gegen die Zensur in China stellen", erklärte er.
Doch die zeigen sich bisher wenig beeindruckt von der Einschränkung der chinesischen Meinungsfreiheit. Microsoft und Yahoo haben erst kürzlich bekräftigt, ihre Geschäfte in China ungeachtet der herrschenden Zensur ausbauen zu wollen. Dabei sind es nicht nur Internetfirmen, sondern auch Infrastrukturkonzerne wie der Netzwerkausrüster Cisco, die mit China glänzende Geschäfte machen.
Der Konzern aus Kalifornien gehört zu den wichtigsten Lieferanten für die Technologie, mit der China die Internetkommunikation seiner Bürger überwacht. Das Unternehmen hat nach einem Bericht des britischen Guardian etwa 60 Prozent der Technik geliefert, mit der die chinesischen Behörden alle ihr unliebsamen Internetinhalte blockieren.
Motorola, Oracle und Nortel liefern ebenfalls Internettechnik nach China. Cisco verkaufe jährlich Netzwerkhardware für etwa 500 Millionen US-Dollar nach China, schätzt der Guardian. Den Rückzug Googles wollte ein Sprecher des Unternehmens am Dienstag nicht kommentieren.
Ein Cisco-Sprecher sagte gegenüber der taz: "Wir lehnen eine Zensur, die sich gegen die Meinungsfreiheit richtet, generell ab." Cisco könne aber nichts gegen die missbräuchliche Verwendung seiner Technologie unternehmen, so der Sprecher.
Bürgerrechtsaktivisten fordern deshalb ein politisches Eingreifen. "Ein Exportstopp gerade für Internetfiltertechnologien ist immer wieder gefordert worden", sagt Markus Beckdahl. Das Lieferverbot sei aber gegen den Widerstand der Wirtschaft bisher nicht durchsetzbar gewesen.
Auch andere Bürgerrechtsaktivisten zeigten sich am Dienstag erfreut über Googles Rückzug aus China. Googles Rückzug kommt den Bemühungen der US-Regierung entgegen, autoritäre Regierungen mithilfe des Internets unter Druck zu setzen.
Vor zwei Wochen hat das US-Finanzministerium Exportsanktionen für den Iran, Kuba und den Sudan gelockert und amerikanischen Firmen erlaubt, Webdienste für Instant Messaging und soziale Netzwerke für diese Länder freizuschalten. Marcus Cheperu vom Arbeitskreis Datenschutz (AK Daten) hält die Position der US-Regierung jedoch für "scheinheilig".
Denn während sich die US-Regierung international für die Freiheit des Internets starkmacht, tritt sie gleichzeitig als treibende Kraft in Erscheinung, um im Rahmen des geplanten Acta-Abkommens gegen Produktpiraterie strikte Internetkontrollen im eigenen Land einzuführen. "Das geplante internationale Acta-Abkommen zielt vor allem darauf ab, durch die Überwachung des Internets und die Filterung bestimmter Inhalte die wirtschaftlichen Interessen der Medienindustrie zu schützen", sagte Cheperu.
Dabei ist Internetzensur schon heute keineswegs auf repressive Staaten wie China oder den Iran beschränkt. Denn auch in Deutschland filtert Google grundsätzlich rechtsradikale und bestimmte pornografische Angebote aus seinen Suchergebnissen - mit ähnlichen Verfahren, die auch chinesische Suchmaschinen verwenden.
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