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„Tatort“ thematisiert DDR-ZwangsarbeitDDR mal wieder voller Stasispitzel

Im Köln-Tatort wird die Geschichte von DDR-Zwangs­arbeiter:innen aufgerollt. Doch mit den paar grauen Fotos kratzt der Plot nur an der Obefläche.

Kölner Tatort-Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) Foto: Thomas Kost/WDR

Es ist so ’ne Sache mit DDR-Historie, die in westdeutschen TV-Storys auftaucht. Zu oft geht’s schief, zu oft reproduzieren Dokus, Filme und Serien wieder die üblichen Ostklischees. Andererseits ist es elementar wichtig, auch im Jahr 31 nach dem Ereignis, das meist „Einheit“ heißt, ostdeutsche Realitäten im ge­samtdeutschen Programm zu zeigen. Gerade zur Primetime.

Aber es kommt eben darauf an, wer worüber spricht, von welcher Position aus geurteilt wird. Hier nun also: ein WDR-Tatort – und schon allein der Titel, „Der Tod der Anderen“, ein öder Klischeeverweis auf Florian Henckel von Donnersmarcks oscar­prämierten Kinofilm „Das Leben der Anderen“.

Das „Tatort“-Drehbuch ist von dem Rheinland-Pfälzer Wolfgang Stauch, Regisseur ist der Marler Torsten C. Fischer, die Perspektive, die uns angeboten wird, ist die der Kölner Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt).

Und blöderweise schnurrt die DDR auch hier mal wieder zusammen auf Stasi-IMs, Chemiefabriken, graue Städte. Die Bösen, das sind die Ossis: Da wäre zunächst eine Erpresserin, die aufgeknüpft in ihrem Hotelzimmer hängt – die Tote also, deren Ableben Schenk und Ballauf untersuchen. Dazu die Hoteldirektorin Bettina Mai, gespielt von der wie immer absolut sensa­tionellen Ulrike Krumbiegel (der einzige Lichtblick!); zu DDR-Zeiten war sie „IM Februar“, ihr Job: „Ficken fürs Vaterland, nicht nur, aber vorwiegend“.

Der Krimi

Der Köln-Tatort „Der Tod der Anderen“ läuft am Sonntag um 20.15 Uhr auf ARD, um 21.45 Uhr auf ARD One und 30 Tage in der Mediathek

Außer graue Fotos nichts gewesen

Ihre Nahkampftechnik ist noch immer erste Sahne, sie entführt den Assistenten Jütte, dann Schenk. Ein anderer Ex-Stasi-Mann, der nun im Sauerland lebt, hat natürlich eine Wasserpistole voller Batteriesäure griffbereit. Und dann wird noch ein sächselnder „Herr Major“ per Telefonanruf reingeschnitten, natürlich inszeniert in Dunkelheit.

Dabei ist der historische Hintergrund dieser Folge eine Hammergeschichte: Wie die DDR Zwangs­arbeiter:innen in ihren Chemiefabriken in Bitterfeld oder Buna ausbeutete – und zwar auch für Westfirmen.

Aber außer grauen Fotos, die zeigen, wie furchtbar es gewesen sein muss, dort zu arbeiten und zu leben, bleibt nicht viel hängen. Erst sagenhafte 12 Minuten vor Schluss wird klar, wieso die Tote ausgerechnet schmierige Westfuzzis mit Ministerambitionen deswegen erpresst hat. Und auch dann nur so konfus, dass man sich die Hintergründe zusammenrecherchieren muss, um es verstehen zu können. So wichtig scheint es für die Story also nicht zu sein. Und mehr muss man über diesen Tatort leider nicht wissen.

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19 Kommentare

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  • Filme in diesem Genre sind immer Quark.

    Die Realität ist viel interessanter!

    Uta Felgner - ehemalige Agentin der DDR-Staatssicherheit.

    .......Chefin des renommierten Schlosshotels im Grunewald. Hier hatte sie medienwirksame Auftritte als Gastgeberin der deutschen Nationalmannschaft unter Jürgen Klinsmann während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Zeitweise gehörte sie dem Beirat der Investitionsbank Berlin an. Bereits 2005 hatte sie mit einer Beschwerde über Klaus-Joachim Gebauer die Aufklärung der VW-Korruptionsaffäre ins Rollen gebracht. Im Sommer 2007 übernahm Felgner die Leitung des Hamburger Luxushotels Grand Elysée. Ein Jahr später übernahm sie die Rolle der Hotelretterin in einer Doku-Soap des NDR.

    Im Spätherbst 2009 wurde die Stasitätigkeit Felgners von Journalisten der Berliner Morgenpost aufgedeckt und veröffentlicht. Uta Felgner, die fünfmal geschieden ist, lebt inzwischen mit einem Lebensgefährten in der Schweiz. ....

    de.wikipedia.org/wiki/Uta_Felgner



    (Könnte es sein das hier eine kleine Filmanlehnung besteht..



    ...... frauenspezifischen Methoden....



    klingt doch viel besser als ficken für's Vaterland )

    Hier kann mann doch auch mal sagen-



    auslassend das Menschen durch sie auch zerstört worden sein können-

    Whow!

    PS



    "Das Leben der Anderen" war so'ne Art Traumschiff auf anderem Level.



    Ulrich Mühe war gut!



    Sonst Schrott!

    • @Ringelnatz1:

      Dachte noch “Wo bleibt Ringelnatz1…?“



      & Däh!



      Tu mir die Dinger seit ewig nicht mehr an wg Zeitverschwendung! But -



      …anschließe mich.

      unterm—— btw



      Geht mit bei den meisten dieser angeblichen Doku-Teile so - meist dreht sich mir der Magen um & ich so Teile binnen kurzem ab.

  • Wer elf Jahre vor dem Mauerfall das Licht der Welt erblickte, muss zwangsläufig die Kenntnisse über diese Zeit und die Zeit davor aus zweiter Hand haben. Was nicht entschuldigt, die Überlegungen und Behauptungen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen bevor man so einen Artikel verfasst.



    In der DDR war vieles möglich, was wir uns im Westen nicht gewagt haben zu vermuten oder zu verdächtigen. Das MfS war mit allen Wassern gewaschen und durchdrang die Gesellschaft fast lückenlos.

  • Wieder einmal nix verstanden. Bis auf den Auftritt von Carl F. W. Borgward - isn't he?

  • Also irgendwie finde ich, dass die Autorin mal wieder Klischees sieht, wo keine sind. Ich fand des Tatort nicht so furchtbar schlecht und die Stasi- Story war vielleicht etwas dick aufgetragen, was aber recht unterhaltsam war. Zudem war der Bezug zum Osten ja nun einmal Bitterfeld, was tatsächlich "grau" war. Aber wie angedeutet; mit der Autorin bin ich selten einer Meinung.

    • @Axel Donning:

      Klar - “…wenn er fährt - wenn er hält - wenn er wieder fährt - wenn er wieder hält - dann sind wir in Bitterfeld!“

      unterm——- Vorständler BAYER -



      Nach 14 Tagen zurück “Vergeßt es. Aber mein Büro - noch original wie bei Adolf bis auf den letzten Nagel!“ O-Ton nix 📺

      So geht das

      • 2G
        27871 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Am Thema vorbei, jedoch leinlich unterhaltsam.

        • @27871 (Profil gelöscht):

          Will nicht leinlich sein.

          Aber das “grau“ von Bitterfeld - war mir mit dem Spottvers - schon als Kind damit deutlich. Zumal ollen Knackmus - Dipl.Ing dort - ein interessanter Logiergast war.



          Von dem pissgelben Bakalit-Bälle - winters steinhartt - sommers flavvie - ein andermal - 🤫 -

  • 2G
    27871 (Profil gelöscht)

    40 Jahre ddr-Geschichte wird wohl nicht in 90 min TV passen, das war auch beim "Leben der Anderen" nicht anders.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ulrike Krumbiegel - eine Top-Schauspielerin!!!!

  • Im Laufe seiner Existenz führte das MfS über 600.000 Menschen als inoffizielle Mitarbeiter und das sind nur die inoffiziellen. Daneben gab es nochmals Hunderttausende, zur Aufrechterhaltung der Diktatur. Die Artikelüberschrift insinuiert, dass dem nicht so gewesen sei. Doch, so war es.

    • @Galgenstein:

      Na "im Laufe seiner Existenz" ist doch sehr weit gefasst, da finde ich 600.000 IM und 250.000 Hauptamtliche doch eher wenig...1989 waren es zwischen 110.000 und 189.000 IM und 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter, also im besten Fall 1.26% der Bevölkerung und im schlechtesten 1.75%...zu viel, keine Frage, schlechte, Menschenrecht verachtende Diktatur, keine Frage, aber der Inhalt und die Insinuation des Titels absolut korrekt.

    • 2G
      27871 (Profil gelöscht)
      @Galgenstein:

      600.000



      +600.000 (nochm.Hundertds.)



      ‐---------------



      1.200.000

      Kommen evt. noch 1.000.000 sed-Mitglieder hinzu.







      Bei ca. 16.000.000 EW?! Da würde ich schon sagen, dass die ddr nicht voll war von Stasispitzeln.

      • @27871 (Profil gelöscht):

        Doch war sie.

        Mal abgesehen von Rechenbeispielen kommen ja auch noch die Freiwilligen, einfach so, den Anderen anscheißen(Neid), die Hausbuchführer(jeder Besuch mußte eingetragen werden) die HGL(Hausgemeinschaftsleitung) die Garagengemeinschaften usw.

        Doch sie war voll!

        • @Ringelnatz1:

          Neid und Missgunst ist doch eher eine West Geschichte,Ich habe meine ersten 25 leben in der DDR verbracht und kann mich im großen und ganzen nicht beschweren. Gute Ausbildung gute Erziehung ,das was man zum Leben brauchte war vorhanden zwar nicht im Überfluß und zum weg werfen wie ihr gewohnt seit aber zum



          Leben hatte es gereicht. In meinem Umfeld war eher Beistand Hilfe Freundschaft das gängige miteinander anstatt das von ihnen unterstellte anscheißen.

          • @Joachim Will:

            Sammelantwort:



            @JOACHIM WILL



            @DE RK



            @MOE

            Bevor ich die berühmte Auflistung über das längst vergangene Land mache lasse ich lieber Lutz Rathenow sprechen bzw. Lesen.

            www.dw.com/de/inte...rathenow/a-2432843

            Einige Punkte in s. Leben treffen auch auf mich zu. Örtlichkeiten, Studium(bzw. Keins) NVA.

            www.deutschlandfun...m:article_id=59373

            Aus Sicht der inhaftierten Menschen, den Angehörigen von Erschossenen, den Müttern ,den ihre Kinder weggenommen wurden und an Funktionäre weitergereicht wurden,



            den Versuchen mit Pharmazeutika, den Auftrag der Zerstörung und Zersetzung von Menschen, den Lebensläufen, die bewußt, zerstört wurden - unv.st. Aufz.-



            steht das Bild der Solidarität und Hilfe nicht so recht glaubwürdig gegenüber.

            Wie gesagt, es ist immer eigenes , persönliches Erleben, beim Blick zurück in das längst, vergangene Land.

            • 2G
              27871 (Profil gelöscht)
              @Ringelnatz1:

              Und damit wollen Sie mir antworten, worauf? Links öffne ich nur, wenn Sie etwas versprechen (tun Ihre mangels Beschreibung nicht) und dass es im Osten sehr viel Ungerechtigkeit gab, werde ich niemals irgendwie, irgendwo, irgendwann behauptet haben.



              Ich habe den Eindruck, Sie hätten gerne einfach nur Recht, meinen Seegen haben Sie.

        • 2G
          27871 (Profil gelöscht)
          @Ringelnatz1:

          Einige fachsimpeln ihr ganzes Leben darüber, ob das Glas halbvoll oder halbller ist.

          Meine Empfehlung:



          Erst fachsimpeln, dann austrinken, nicht umgekehrt.

          Ich Ihnen versichern, dass ich nicht bei o. für die Stasi gearbeitet habe, so, wie auch viele meiner Verwandten und Bekannten nicht. Und ich habe in den letzten 30 Jahren mind. 5 breite Leitzordner durchgeackert, weiß also über mein Umfeld ganz gut Bescheid.

        • @Ringelnatz1:

          …na auch wenn die AKP doch definitiv, wenn unreflektiert betrachtet, dafür sorgen, dass der Prozentteil an „Spitzeln“ in die Höhe geht, ist die Andichtung von „Neid“ als Grundlage oder, dass die AKP ihre Auskünfte „einfach so“ weitergaben, doch eher in das Reich der Verschwörungstheorien bzw. simpel der groben Verallgemeinerungen zu setzen. Häufig wurden AKP getäuscht, um Informationen aus ihnen heraus zu locken. Stasimitarbeiter gaben sich u.a. als Mitarbeiter von Behörden oder der Polizei aus. Angst, Täuschung und Erpressung sind also viel eher Gründe als „Neid“. Teilweise gab es auch in einem „Block“ nicht 5 AKP, aber 5 AKP Berichte, die jedoch aus der Befragung derselben Person stammen können. Daher ist die Anzahl der AKP auch momentan noch sehr vage und variiert stark mit der Art und Weise der Datenerhebung der Forschungen. Es fehlt hier also noch eine Menge wissenschaftlicher Aufarbeitung.



          Im Endeffekt spricht die Täuschung und Ausnutzung der eigenen Bevölkerung gegen die eigene Bevölkerung viel eher wieder für die Unmenschlichkeit des DDR-Regimes und weniger bis gar nicht dafür, dass die DDR „voll mit Spitzeln“ war. Assoziationen wie „Blockwart“ oder „Denunziant“ oder eben die Repetition und Perpetuierung solcher Klischees, jeder in der DDR sei quasi ein Spitzel gewesen, erzeugen eher Vorurteile und Ausgrenzung und machen das Individuum zum „Strohbuhmann“ für die Probleme innerhalb der DDR als System an sich.