„Tatort“ thematisiert DDR-Zwangsarbeit: DDR mal wieder voller Stasispitzel
Im Köln-Tatort wird die Geschichte von DDR-Zwangsarbeiter:innen aufgerollt. Doch mit den paar grauen Fotos kratzt der Plot nur an der Obefläche.
Es ist so ’ne Sache mit DDR-Historie, die in westdeutschen TV-Storys auftaucht. Zu oft geht’s schief, zu oft reproduzieren Dokus, Filme und Serien wieder die üblichen Ostklischees. Andererseits ist es elementar wichtig, auch im Jahr 31 nach dem Ereignis, das meist „Einheit“ heißt, ostdeutsche Realitäten im gesamtdeutschen Programm zu zeigen. Gerade zur Primetime.
Aber es kommt eben darauf an, wer worüber spricht, von welcher Position aus geurteilt wird. Hier nun also: ein WDR-Tatort – und schon allein der Titel, „Der Tod der Anderen“, ein öder Klischeeverweis auf Florian Henckel von Donnersmarcks oscarprämierten Kinofilm „Das Leben der Anderen“.
Das „Tatort“-Drehbuch ist von dem Rheinland-Pfälzer Wolfgang Stauch, Regisseur ist der Marler Torsten C. Fischer, die Perspektive, die uns angeboten wird, ist die der Kölner Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt).
Und blöderweise schnurrt die DDR auch hier mal wieder zusammen auf Stasi-IMs, Chemiefabriken, graue Städte. Die Bösen, das sind die Ossis: Da wäre zunächst eine Erpresserin, die aufgeknüpft in ihrem Hotelzimmer hängt – die Tote also, deren Ableben Schenk und Ballauf untersuchen. Dazu die Hoteldirektorin Bettina Mai, gespielt von der wie immer absolut sensationellen Ulrike Krumbiegel (der einzige Lichtblick!); zu DDR-Zeiten war sie „IM Februar“, ihr Job: „Ficken fürs Vaterland, nicht nur, aber vorwiegend“.
Der Köln-Tatort „Der Tod der Anderen“ läuft am Sonntag um 20.15 Uhr auf ARD, um 21.45 Uhr auf ARD One und 30 Tage in der Mediathek
Außer graue Fotos nichts gewesen
Ihre Nahkampftechnik ist noch immer erste Sahne, sie entführt den Assistenten Jütte, dann Schenk. Ein anderer Ex-Stasi-Mann, der nun im Sauerland lebt, hat natürlich eine Wasserpistole voller Batteriesäure griffbereit. Und dann wird noch ein sächselnder „Herr Major“ per Telefonanruf reingeschnitten, natürlich inszeniert in Dunkelheit.
Dabei ist der historische Hintergrund dieser Folge eine Hammergeschichte: Wie die DDR Zwangsarbeiter:innen in ihren Chemiefabriken in Bitterfeld oder Buna ausbeutete – und zwar auch für Westfirmen.
Aber außer grauen Fotos, die zeigen, wie furchtbar es gewesen sein muss, dort zu arbeiten und zu leben, bleibt nicht viel hängen. Erst sagenhafte 12 Minuten vor Schluss wird klar, wieso die Tote ausgerechnet schmierige Westfuzzis mit Ministerambitionen deswegen erpresst hat. Und auch dann nur so konfus, dass man sich die Hintergründe zusammenrecherchieren muss, um es verstehen zu können. So wichtig scheint es für die Story also nicht zu sein. Und mehr muss man über diesen Tatort leider nicht wissen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom