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„Tatort“ aus MünchenPixelblutige Ballereien

Die analog-altgedienten Münchner Kommissare betreten digitales Neuland. Aufklären müssen sie jedoch den sehr realen Mord an einer jungen Polizistin.

Analog trifft auf digital: Leitmayr und Batic befragen einen eSports-Schiedsrichter Foto: Claudia Milutinov/dpa

Gänzlich neues, digitales Terrain betreten heute die analog-altgedienten Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl): Sie bekommen es mit der eigenen und für sie schwer zugänglichen Parallelwelt des E-Sports zu tun. Der Weg zu pixelblutigen Ballereien bei dem Ego-Shooter-Spiel „Counter Strike“ beginnt für die Ermittler mit dem sehr realen und sehr tragischen Mord an einer jungen Polizistin, die während einer Verkehrskontrolle aus einem alten Mercedes mit kaputtem Rücklicht feige erschossen wird.

Als der Wagen wenig später völlig ausgebrannt gefunden wird, machen Leitmayr und Batic eine weitere unschöne Entdeckung: Im Auto befindet sich eine Leiche, die aufgrund der Hitze fast eins mit dem Kofferraum geworden ist. Durch einen DNA-Abgleich finden sie heraus, das dieser Mensch wohl einmal Michael Hetsch (Mauricio Hölzemann), ein professioneller Gamer, gewesen ist. Weitere Recherchen ergeben: Er war Teil einer Gruppe von Polizeischülern, die sich regelmäßig als „Munich Sheriffs“ bei „Counter Strike“ austoben.

Die erschütternde Erkenntnis für die Kommissare heißt nun, dass nicht nur eine Polizistin erschossen wurde, sondern dass der Täter in den eigenen Reihen zu suchen ist. Um möglichst viele Klarnamen aus der Online-Community filtern zu können, bitten die Ermittler den noch den minderjährigen Shooting-Star der Gamer-Szene Oskar Weber (Yuri Völsch) um Hilfe: Er täuscht vor, dass er neue Talente für sein Team sucht, und erschleicht so einige Adressen. Dies alles überwacht von seinem überfürsorglichen Vater Patrick Weber (Oliver Wnuk), der sein eigenes geschäftliches Versagen durch seinen erfolgreichen Sohn zu kompensieren versucht.

Nun beginnt ein heiteres Auflaufen der Polizeischüler zum Verhör auf der Polizeiwache. Junge Männer, die oft nicht wissen, wohin mit ihrer Kraft und überschüssigen Energie, doch ob sich der Doppelmörder unter ihnen befindet, bleibt bis zum bildgewaltig inszenierten Finale ein Rätsel.

Die Sendung

München-„Tatort“: „Game Over“, Sonntag, 20:15 Uhr, ARD und ARD-Mediathek

Ganz nebenbei noch Geiselnahme verhindern

Schauplatz für die optisch an Ego-Shooter angelehnte Schlusssequenz ist die Münchener Messe. Dort findet das Endturnier eines „Counter Strike“-Wettbewerbes statt, an dem auch Oskar mit seinem Team teilnimmt. Und während das Publikum tobt, sich die Gamer auf der Bühne die Finger wund zocken, und die Online-Mission auf großen Leinwänden übertragen wird, verfolgen Leitmayr und Batic ihren Verdächtigen und müssen ganz nebenbei noch eine dramatische Geiselnahme verhindern.

Und dies alles nur wegen ein bisschen Fame in einer schönen neuen Welt, in der der Reichtum vermeintlich online wartet und man sich durch kleine Mauscheleien ein paar schnelle Bitcoins ergaunern kann. Doch der Reality-Check holt jeden Träumer schnell wieder in die Wirklichkeit zurück.

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1 Kommentar

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  • Ich fand den Tatort reichlich gut - endlich mal wieder, die beiden letzten aus München waren unter dem dort üblichen Niveau. Was mir an der Kritik nicht gefällt, dass zu dem erfolgreichen Gamer und seinem Vater hier das Narrativ der Mutter 1:1 übernommen wird - während der Sohn selbst ja eine durchaus andere Sichtweise hat und hatte.