piwik no script img

„Tatort“ aus KielBauern im Drogensumpf

Crystal Meth ist aus dem „Tatort“ nicht mehr wegzudenken. „Der Himmel über Kiel“ handelt von Faszination und Folgen des Drogenkonsums.

Kommissar Borowski und Assistentin Brandt. Bild: NDR

Und wieder der Verdacht: Drehbuchautoren für Wochenendkrimireihen ziehen sich am liebsten amerikanische TV-Serien rein, auf Platz eins: „Breaking Bad“, alle fünf Staffeln am Stück. Sie wissen schon, die Story über den langweiligen, krebskranken Chemielehrer, der dank Crystal Meth zum Drogenkönig wird.

Denn egal, wann man zuletzt sonntagabends eingeschaltet hat: Dieses Modedrogenzeugs war schon da. Im Ösi-„Tatort“, im Brandenburger „Polizeiruf“, bei Nick Tschiller in Hamburg, bei Lürsen in Bremen. Ja, ja, könnte man aufs föderale Tohuwabohu der ARD schieben, nur: Jetzt läuft mit „Der Himmel über Kiel“ rund um einen Mord in einer jungen Crystal-Gang schon wieder ein NDR-„Tatort“ zum Thema. Echt jetzt, Kinners? Ist eure Redaktion so zugedröhnt?

So ist die auch wettermäßig sehr vernebelte Folge mit Kommissar Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) eher ein Gesellschaftsdrama über Faszination und Folgen von Drogenkonsum. Als kritisches Drama funktioniert das Stück aber 1a, auch dank des großartigen Regisseurs Christian Schwochow („Der Turm“, „Bornholmer Straße“), der hier seinen ersten „Tatort“ abliefert. Unter uns: die Mordhandlung – na ja.

Der Film

„Tatort – Der Himmel über Kiel“; So., 20.15 Uhr, ARD

Der „Tatort“ lohnt dennoch aus drei Gründen: Erstens wegen der umwerfenden Elisa Schlott, die das Drogenmädchen Rita, Exfreundin des Opfers, spielt und garantiert unterwegs zu Ruhm und Ehre ist. Zweitens wegen der herrlichen Idee, ein ganzes Kaff samt Bauern zum Drogensumpf zu machen, die nur wirren Kram auf Plattdüütsch stottern und vom Rad fallen. Drittens wegen der Ballaballa-Idee, dass der Täter mangels Alternative den Kopf des Opfers einfach abhackt.

Bester, weil tiefsinnigster Dialog: Sarah Brandt beim Anblick des Kopfs im Fluss: „Wer macht so was?!“ Borowski darauf mit megagenervtem „Was machst du noch mal beruflich?“-Blick: „Diese Frage sollten wir beantworten.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Na na @EMANUELLE !! Komm mal raus aus deinem Lehnstuhl und besuche mal die im TATORT geschilderte Szene! Mach einfach mal ne Tournee durch SLH und besuche die Discos und Kneipen in denen sich Teenager, Twens, Gymnasiasten und Studenten sich vergnügen!

    Ich meine das die meisten TATORT Krimis an der faktischen Wirklichkeit orientiert sind und somit besser sind als alle die rein auf Unterhaltung gedrehten Krimis!

    Klar, es gibt TATORT Krimis die sind nur abgehobene Unterhaltung, ohne pädagogischen Wert..

    Aber der letzte Borowski ist klasse...

    • @vergessene Liebe:

      @ vergessene Liebe

      Wo hatte denn dieser Tatort "Pädagogischen Wert", bitte sehr?

       

      Villdht, dass man nicht vor einer roten Ampel die seit Jahren vernachlässigte Tochter anrufen sollte, weil die Ampel *Überraschung!* auf "Grün" springen und der Hintermann ungeduldig hupen könnte?

       

      *gähn*

       

      Mann, bei so einem Drehbuch schütteln ja vermutlich sogar Erstsemester auf der Filmschule händeringend die Köpfe...

  • Der bisher ödeste Borowski-Krimi. Ja, die Elisa Schlott spielte sehr gut, aber das sollte man ja auch bei einer so wichtigen Rolle erwarten, oder muss man heutzutage schon auf den Knieen rutschend Hosianna rufen, um bei gutbezahlten Schauspielern gute Leistungen zu würdigen? Es war sehr gut, aber nicht epochal.... Ok, wer noch so dumm ist und sich bspw die Kölner oder Münchner Tatorte antut, der sieht in den schaupsielerischen Abgrund, von Furtwängler, Folkerts und Co ganz zu schweigen...

     

    Wenn ich Bauern sehen möchte, die mit dem Traktor juchzend im Kreis fahren, schaue ich mir das Kindergarten-Vormittagsprogramm an. Die Drogenproblematik ist auch nicht besonders realistisch oder auch nur lehrreich eingefügt. Wer sich beruflich damit befassen musste oder einfach nur offenen Auges durch die Welt ging, wusste bereits in den 80er Jahren, dass harte Drogen bis in die kleinsten Städte vorgedrungen waren - also (leider) bereits vor 35 Jahren....Und die total schwachsinnige, nervig- überzogene Darstellung der Dealer könnte aus einer low-budget-Dauerserie in den USA kommen, so dämlich-primitiv ist das dargestellt worden. Diese Effekte sollten über das erbarmungswürdig schlechte Drehbuch hinwegtäuschen. Bisher habe ich mich immer auf die Borowski-Tatorte gefreut. Ab dem nächsten Mal werde ich die Fernbedienung in der Nähe haben, um rechtzeitig die Verschwendung meiner Zeit zu minimieren.