„Tatort“ aus Frankfurt: Die Guten und die Blöden
Wenn Kommissar:innen über Gut und Böse sinnieren und alles nur irre egal ist. Das zeigt dieser „Tatort“, einer der letzten Filme mit Hannelore Elsner.
Also eigentlich brauchen Sie erst so um halb neun reinschalten, ach was, Viertel vor neun reicht locker. Die ersten 20, 30 Minuten gehen drauf mit, tja, wenn man das so genau wüsste. Jedenfalls trinken Janneke und Brix spätabends im Präsidium noch – nein: Sie lassen sich volllaufen. Und sagen: Huch, mir ist ganz schwindelig. Sie machen Musik an und bewegen sich dazu. Reihum. Am nächsten Tag haben sie einen Kater. Tataa, Überraschung.
Ein schlimmer, nimmer enden wollender Einstieg in diese neue Frankfurter „Tatort“-Folge. Weil der Rest zwar alkoholfrei ist, aber nicht weniger ernüchternd, hat man eigentlich in Minute 60 oder 70 schon keinen Bock mehr. Und schaltet aus. Schaut in einem neuen Tab in „Lautlos wie die Nacht“ von 1962 rein mit Delon und Gabin (zeitgleich auf Arte), hätte man auch besprechen können hier, aber na ja. Na ja!
Obendrein zeigt „Die Guten und die Bösen“ einen Fall, den eigentlich Eva Prohacek hätte übernehmen müssen, es geht um eine interne Ermittlung, ein Streifenpolizist hat den Vergewaltiger seiner Frau ermordet. Jetzt, Jahre später. Aber die Prohacek, die ist ja mit „Unter Verdacht“ nun auch in TV-Rente. Und vom anderen Sender.
Janneke und Brix versuchen derweil, dem Mörder in langen Vernehmungen zu helfen. Drumherum gibt’s Team-Building, alle in der Abteilung müssen was über ihre Werte sagen und übers Polizeidasein und wieso dieser Job sinnstiftend ist, Gut und Böse, ne, und es ist alles nur irre egal.
Zu Hannelore Elsners Todestag
Klar: An dieser Folge hat ein Drehbuchautor (David Ungureit) monatelang gesessen, über Wünsche von Redaktion und Produktion gestöhnt. Eine Regisseurin (Petra K. Wagner) hat eine ganze Crew über Wochen und Monate domptiert. Dazu großartige Schauspieler:innen wie Margarita Broich und Wolfram Koch, die als Ermittlungsduo diesen furchtbaren Quatsch sprechen müssen.
Frankfurt-„Tatort“: „Die Guten und die Bösen“, So., 19.4.2020, 20.15 Uhr, ARD
Noch dazu, halten Sie sich fest, ist es einer der letzten Filme, in denen Hannelore Elsner (als pensionierte Kommissarin, die wegen ungelöster Fälle im Keller zwischen Altaktenbergen vor sich hin forscht) mitgespielt hat vor ihrem Tod! Und die ARD bringt diese Folge ausgerechnet zu ihrem ersten Todestag! Mann ey!
Und dann zieht sich das eine rein für anderthalb Stunden, womöglich noch beim Mittagsmüsli, schreibt ein paar Zeilen, zack. Aber sorry, es ist nun einmal wirklich kein so richtig wahnsinnig guter Film. Auch der pflichtschuldigst zu Ende geschaute Rest ändert daran nix.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion