„Tatort“ aus Dortmund: 90 Minuten Geraune
Dass die Sache in Dortmund ein schlechtes Ende nimmt, ahnt man irgendwie. Aber wir werden nichts verraten, nein, das tun wir nicht!

Nach welchen Kriterien entscheiden TV-Serien-PR-Leute eigentlich, ob der Ausstieg von Figuren im Vorfeld für Werbezwecke kolportiert wird? Oder ob das Ganze die Überraschung der Folge sein soll?
Dass mit dieser Dortmunder „Tatort“-Folge irgendwas nicht stimmt, war schon seit einer Weile klar: Sie stand nicht in der Presse-Mediathek, wo wir Journalistinnen sonst die kommenden Sendungen, Filme, Serien anschauen können. Das gab’s zuletzt bei Til Schweigers „Tatorten“, dem Vorabkritiken wohl nicht so gefallen.
Nun ja, die Pressestelle rückte dann doch einen Link raus mit der Bitte, nicht zu spoilern. Und klar, es macht auch keinen Sinn, zu verraten, was sich fürs Ermittlungsteam Faber (Jörg Hartmann), Bönisch (Anna Schudt), Pawlak (Rick Okon), Herzog (Stefanie Reinsperger) verändert. Allerdings sind die Spuren sowieso nicht zu übersehen, die Drehbuchautor Jürgen Werner und Regisseur Torsten C. Fischer in „Liebe mich“ von Anfang an auslegen.
Etwa dass die Ermittlungen umgeben von Leichen und Kreuzen starten. Also unverdächtigen Leichen. Der Fall beginnt in einem Friedwald – und kreist um ein Bestattungsunternehmen. Tote tauchen auf dem Friedhof auf, die da nicht liegen sollten: ermordet, in Blümchenkleidern „aus den Neunzigern“, wie die SpuSi verblüffend modesicher feststellt.
Verdächtiger Kram
Das Gefährliche bei Filmüberraschungen: Das „Boom!“ ist so laut, dass das Drumherum leicht aus dem Blickfeld rutscht. Denn letztlich ist die ganze Story nicht um die Serienmorde gestrickt, sondern hat nur einen Fokus: die Fährten zu verwischen, die zu jener Überraschung führen (die, wie gesagt, nicht so mega überraschend ist, aber hey, ich hab nix gesagt).
Was dem Autor einfällt: Er packt allen im Team verdächtigen Kram ins Folgengepäck. Bönisch hat den manipulativ bösartigen Typ von der SpuSi an der Backe, mit dem sie kurz was hatte. Faber konfrontiert eben jenen Dulli deswegen, so oft er ihm über den Weg läuft. Pawlaks Ex-Frau sitzt im Gefängnis, weil sie wen umgebracht hat, um Pawlak zu schützen. Herzogs Mutter ist Teil der RAF-Reste und will aussteigen.
Moment, worum ging’s noch mal? Ach ja, Serienmord, Bestattungsfirma, Leichen unter Leichen. Spätestens als nach einem Angriff eine Dienstpistole minutenlang rumliegen darf, ist klar: Das nimmt kein gutes Ende. Und das, obwohl es zum Einmaleins gehören sollte, zuerst die Waffe zu sichern, klar. Was bleibt: 90 Minuten Geraune. Und die Frage: Wie geht’s weiter in Dortmund?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig