"Tatort"-Krimi "Bluthochzeit": Schöne Grundidee, aber Logiklöcher
Erst ist es nur ein Hochzeitspielchen: Im Tatort "Bluthochzeit“ (Sonntag 20.15 Uhr, ARD) wird die Braut entführt. Doch für einen der Entführer ist es kein Spaß.
HAMBURG taz | Eine Portion Sadismus gehört bekanntlich zu jeder gelungenen Hochzeitsfeier dazu. Man will den Bräutigam schwitzen und die zukünftige Ehefrau schwanken sehen – für den aufopfernden Einsatz, den man als anständiger Hochzeitsgast zu bringen hat, erscheint das nur gerecht. Die Riten der Peinigung des frisch vermählten Pärchens sind dabei so fies wie vielfältig. Zu den beliebtesten Demütigungsnummern zählt die Entführung der Braut.
Im Falle von Beate Brünner (Petra Schmidt-Schaller) hat dieser Streich allerdings einen üblen Beigeschmack, denn die Millionenerbin war fünf Jahre zuvor für eine Lösegelderpressung gekidnappt worden.
Jetzt wird sie frisch nach der Eheschließung zum Spaß von einem Trupp betrunkener Stenze verschleppt; während die Typen Schnaps und Bier kippen, ziehen sie immer höher in die Berge. Den Bräutigam nerven sie mit makabren Anrufen, bei denen man eine Vergewaltigung simuliert.
Doch die Gefahr wird bald real: Ein alter Bekannter von Beates einstigem Entführer hat sich unerkannt unter die Spaßvögel gemischt – offensichtlich glaubt er, dass die Braut weiß, wo das nie wieder gefundene Lösegeld von einst versteckt ist.
Bald erfährt die Gekidnappte durch einen Anruf des zurückgebliebenen Bräutigams, dass sie in Gefahr ist. Aber wer von den Männern will ihr an den Kragen?
Ein schöne Grundidee hat dieser Bodensee-„Tatort“: Wie hier der bei Hochzeitsspielchen institutionalisierte böse Witz gleichsam zu bitterböser Wirklichkeit wird, das hätte eine spannende Geschichte hergeben können.
Doch leider scheitern die Macher (Regie: Patrick Winczewski, Buch: Stefan Dähnert) an den Logiklöchern, die in der Handlung klaffen. Zuvorderst drängt sich dem Zuschauer die Frage auf, weshalb eine Frau sich von einem Haufen Rabauken entführen lässt, von dem sie kaum jemand kennt.
Die Stimmungsumschwünge während ihrer Entführung, also wenn besoffenes Spiel und blutigen Ernst umkippt, werden vollkommen unsicher in Szene gesetzt. Wo mit besserem Gespür für Timing und Psychologie die untergründige Bedrohung oder die latente Versuchung, die in so einem Hardboiled-Hochzeitsspaß liegen, hätte herausgearbeitet werden können, da wirken die entsprechenden Szenen in „Bluthochzeit“ bald nur noch als schnarchige Schnitzeljagd.
So liest Ermittlerin Blum (Eva Mattes) die Hinweise auf, die von den Entführer recht plump verstreut werden und hastet bald mit besorgtem Gesicht die höheren Regionen des Allgäu hoch.
Der Zuschauer indes fühlt sich bald wie der Besucher einer Hochzeit, die bei allem entfesselten sadistischen Witz nicht in die Gänge kommt: Ach, hätte man dieser trostlosen Veranstaltung doch schon viel früher den Rücken gekehrt!
„Tatort: Bluthochzeit“, Sonntag, den 19. September 2010, 20.15 Uhr, ARD
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