Taschen und Rucksäcke: Begleiter seit der C-Jugend
Lange hat unser Autor gesucht nach einer Tasche, die sowohl Alltag als auch Kurztrips kann. Fündig wurde er schließlich im eigenen Keller.
Einundzwanzig Jahre jung, nenn' mich Bagchaser Can“, rappt der Berliner Pashanim. Mit Can David Bayram, wie der Künstler bürgerlich heißt, teile ich drei Dinge: den Vornamen (Aussprache, nicht Schreibweise!), das ungefähre Alter, und das Bagchasen, das „Taschen-Jagen“. Doch Pashanim meint damit in seinem Song, sich den Geldbeutel durch Drogendeals möglichst vollzumachen. Ich meine die ermüdende Jagd nach der universellen Tasche. Nach einer für die Arbeit und fürs Reisen, die mich über Jahre überallhin begleitet und dabei nicht peinlich aussieht.
Quasi täglich erweitert sich der Taschenmarkt um immer neue Exemplare. Start-ups bewerben auf Instagram ihren ultimativ erweiterbaren Orga-Buddy oder Rucksäcke aus recycelten PET-Flaschen, die im Dunkeln reflektieren. Fahrradfahrer:innen sind mit Umhängetaschen aus wiederverwendeter Lkw-Plane ausgestattet, die sie sich für Hunderte von Euros anschaffen. Andere schwören auf einen in silbernen Wellblech verkleideten Koffer, dessen Design an einen Nazi-Kampfflieger erinnert.
In dieser Vielfalt das richtige Modell zu finden, ist schwierig. Immerhin bei der Größe ist die Sache für mich klar. Die Tasche muss ausreichend Platz bieten und dennoch kompakt sein. Klein genug für den Alltag, groß genug, um sie als Reisetasche umzufunktionieren. Aber nicht zu groß, denn eine der wichtigsten Taschenregel, mit der jeder konfrontiert wurde, der jemals in ein Flugzeug eingestiegen, ist: Das festgeschriebene Handgepäckmaß, das von Airline zu Airline leicht variiert, muss eingehalten werden.
Dafür können die von Neugründer:innen und Teilzeitdesigner:innen konzipierten Reflexions- und Recyclingrucksäcke bereits zu groß sein. Auch machen die vermeintlich cleveren und kompakten Fächer dieser Taschen eben genau nicht flexibel – schränken sie doch letztlich nur das Volumen des Hauptfachs ein.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Und selbst wenn (oder gerade wenn!) man nicht fliegt, muss eine Reisetasche für Ausnahmesituationen ausgestattet sein. Im letzten Moment wechselt das Gleis und ein Sprint ist die einzige Option? Unvorstellbar mit einem Koffer. Bei dem hofft man ja schon beim ersten Einsatz, dass die Rollen nicht kaputtgehen. Sind sie noch dran, dann rollt und klappert das Teil so laut, dass man es, um kein Aufsehen zu erregen, die meiste Zeit ungeschickt anhebt.
Nach vielen gescheiterten Versuchen, mit den unterschiedlichen Taschenmodellen Alltag und Kurztrips zu bewältigen, fand ich im Keller meine verstaubte alte Sporttasche aus der Schulzeit wieder. Sie ist blau, bietet ein großes Hauptfach mit 31 Litern Volumen und ein weiteres Seitenfach.
Ins Hauptfach kann man alles hineinwerfen, wie in ein großes Schlampermäppchen – oder mit komprimierbaren Packtaschen aufrüsten. In der Seitentasche finden all die Kleinigkeiten Platz, die man unterwegs schnell zur Hand haben muss. Zum Transport dienen ein langer Trageriemen, den man über die Schulter hängt und der beim Rennen quietscht wie ein altes Bett, dazu alternativ zwei kurze Henkel, durch den man den Arm schieben kann.
In Zeiten von Blokecore, einem immer präsenter werdenden Modetrend, bei dem Sportkleidung (von Retro-Fußballschuhen über Trainingsjacken bis zu Trikots) mit weiten Jeans oder adretten Kleidungsstücken wie Faltenröcken zum Alltagsoutfit gestylt werden, ist die alte Sporttasche aus Jugendzeiten der logische nächste Schritt.
Bevor wir also auf die Idee kommen, Luxusmarken oder Taschen-Start-ups ihre überteuerten Style-Ungetüme abzukaufen, sollten wir lieber unsere alten Trainingstaschen ausgraben, gut durchlüften! und feiern. Als treue und universelle Begleiter seit der C-Jugend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!