Tarifverhandlungen bei der Bahn: Lokführer warten auf neues Angebot
Die Lokführergewerkschaft GDL erklärt die Verhandlungen für gescheitert. Die Bahn will neues Angebot vorlegen. GDL schließt Streiks vorerst aus.
Berlin reuters | Nach dem bundesweiten Streik zu Wochenbeginn ringen die Deutsche Bahn und die Gewerkschaften weiter um eine Einigung im Tarifstreit für die 160.000 Beschäftigten. In Berlin wurden am Mittwoch die Gespräche zwischen der Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fortgesetzt. Bahn-Verhandlungsführer Martin Seiler kündigte an, sein Unternehmen werde der EVG wie auch der Lokführergewerkschaft GDL im Laufe des Tages „ein neues, verbessertes Angebot“ vorlegen. Die GDL erklärte die seit zwei Monaten andauernden Verhandlungen aber vorerst für gescheitert.
„Wir hatten den Arbeitgeber gestern aufgefordert, bis heute 9 Uhr ein verbessertes Angebot vorzulegen. Das ist nicht geschehen“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky in Eisenach. Das bisherige Angebot der Bahn sei nicht annehmbar. Sollte die Bahn eine neue Offerte vorlegen, werde sich die GDL diese in „Ruhe anschauen und bewerten“, ergänzte ein Sprecher der Gewerkschaft. Streiks seien in diesem Jahr definitiv nicht geplant, weder an Weihnachten noch Silvester.
Die Bahn strebt in den parallel laufenden Tarifverhandlungen mit GDL und EVG vergleichbare Abschlüsse an. Bahn-Personalvorstand Seiler sagte vor den Gesprächen mit der EVG in Berlin, in den zweimonatigen intensiven Verhandlungen seien eine ganze Reihe an Teileinigungen erzielt worden. Er gehe davon aus, dass mit dem verbesserten Angebot auch mit der Lokführergewerkschaft GdL der Gesprächsfaden wieder aufgenommen werde.
Mit einem rund vierstündigen Ausstand am Montagmorgen hatte die EVG ihrer Forderung nach mehr Geld und besseren Arbeitsbedingungen beim Staatskonzern Nachdruck verliehen. Sie hatte dabei große Teile des Zugverkehrs lahmgelegt und Millionen Berufspendler getroffen. Beide Seiten waren dann am Dienstag in neue Verhandlungen gestartet, die jedoch am späten Abend unterbrochen wurden.
Die EVG verlangt ebenso wie die GDL 7,5 Prozent mehr Lohn. Zudem wollen die Arbeitnehmervertreter für die Beschäftigten zahlreiche Verbesserungen bei Urlaubs- und Arbeitszeiten sowie der betrieblichen Altersvorsorge durchsetzen.
Das Angebot der Bahn
Die Bahn hat der EVG eigenen Angaben zufolge bislang ein Paket von insgesamt knapp sieben Prozent angeboten. Bestandteil ist eine Lohn-Erhöhung von 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro. Anstelle der zweiten Stufe sollte den Mitarbeitern, wie im vorherigen Tarifvertrag, die Wahl zu mehr Freizeit gegeben werden. Außerdem ist vorgesehen, dass der Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersvorsorge um 1,1 Prozent steigt.
Die Bahn ist in den Tarifverhandlungen in einer schwierigen Lage, da sie mit zurückgehenden Gewinnen und einem milliardenschweren Investitionsstau kämpft. Auf der anderen Seite fehlen Mitarbeiter und sie will im nächsten Jahr erneut gut 20.000 neue einstellen.
Leser*innenkommentare
Pfanni
Ich würde mir wünschen, dass sich die Gewerkschaften mal überlegen, wie zeitgemäß die bislang praktizierte Form von Streiks vor allem im Dienstleistungsbereich noch ist. Denn damit treffen die Streikenden nicht nur ihre Unterdrücker und Ausbeuter, sondern auch andere Unterdrückte und Ausgebeutete (=Berufspendler und Dienstreisende), die sich ihrerseits nicht wehren können, denen Mehraufwand und –kosten entstehen, die ihnen, da „höhere Gewalt“, niemand erstattet. Und von denen „Solidarität“ erwartet wird.
Ein Gewerkschafter sagte mir, als ich ihn daraufhin ansprach, es gäbe „leider“ keine andere Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen.
Wirklich nicht? Nur ein Beispiel: Vor Jahren streikten die Beschäftigten des hiesigen städtischen Verkehrsbetriebes. Aber kein Bus und keine Straßenbahn fielen aus. Sondern die Streikenden verkündeten, dass während der Streikdauer keine Fahrscheinkontrollen stattfinden würden. Nach wenigen Tagen war dieser Streik erfolgreich beendet.
Natürlich hängt die Art und Weise des Streiks von der Branche ab. Aber es geht, man muss es nur wollen und Phantasie haben!