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Tarifstreit bei der Deutschen BahnGDL und Bahn einigen sich

Lokführer und Bahn-Spitze legen ihren Tarifstreit bei, drohende Streiks sind damit abgewendet. Vereinbart wurden höherer Lohn und zwei Corona-Prämien.

Fährt er? Er fährt! Der Tarifstreit zwischen Bahn und GDL ist beigelegt Foto: Michael Matthey/dpa

Berlin dpa/rtr | Um 3 Uhr in der Früh am Donnerstag verschickte die Deutsche Bahn die Einladung zur Presskonferenz mit Personalvorstand Martin Seiler und dem Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, zum aktuellen Stand der Tarifverhandlungen: Überraschend haben sich beide Seiten geeinigt und einen Abschluss erzielt.

Er sieht Lohnerhöhungen in zwei Stufen vor. Zum 1. Dezember 2021 werden die Gehälter um 1,5, zum 1. März 2023 um weitere 1,8 Prozent angehoben. Außerdem zahlt die Bahn zwei Coronaprämien: eine zum 1. Dezember je nach Lohngruppe zwischen 300 und 600 Euro und am 1. März 2022 nochmals 400 Euro. Die Deutsche Bahn führt für jetzige Beschäftigte die bisherige Zusatz-Betriebsrente fort. „Das ist ein Meilenstein gewesen im Gesamtgefüge“, sagte Weselsky. Ab 2022 wird das alte System aber für neue Mitarbeiter geschlossen. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 32 Monaten. Das gebe der Bahn Planungssicherheit, sagte Seiler.

Die GDL hatte im Laufe des Arbeitskampfs mehrfach den Bahnverkehr lahmgelegt. An der Beilegung des Konflikts mitgewirkt haben die Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) aus Schleswig-Holstein und Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen. Sie waren von den Chefs des Deutschen Gewerkschaftsbunds und des Beamtenbunds darum gebeten worden, in den Konflikt besänftigend einzugreifen. Am Montag vor einer Woche gab es ein erstes Treffen. Es habe sich nicht um eine Schlichtung gehandelt, sagte Weil. „Es war eine Moderation oder eine Mitwirkung an Gesprächen – irgendwas dazwischen“, sagte Weil.

Der Arbeitskampf bei der Deutschen Bahn ist auch deshalb schwierig, weil im Staatskonzern zwei Gewerkschaften miteinander konkurrieren. Die EVG, die zum DGB gehört, hat bereits im vergangenen Jahr einen Tarifvertrag mit der Deutschen Bahn abgeschlossen. Das Tarifeinheitsgesetz sieht vor, dass nur der Tarifvertrag der stärksten Gewerkschaft angewandt wird. Die Deutsche Bahn hat rund 300 Tochterfirmen. Sie erkennt für 16 Betriebe die Tarifhoheit der GDL an. In einem notariellen Verfahren wird nun festgestellt, wer in weiteren 55 Betrieben die Mehrheit hat.

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5 Kommentare

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  • So viel Ärger und dann ein Reallohnverlust ausgehandelt.



    Bisschen mehr hätte schon rum kommen können.

  • „Sie [die EVG] hatte Anfang September angekündigt, bei einem möglicherweise höheren Tarifabschluss der Lokführergewerkschaft GDL nicht tatenlos zuzusehen und ihr Sonderkündigungsrecht zu prüfen“



    Damit deutet sich schon an, woran sich die Bahnkunden künftig gewöhnen müssen. Denn jetzt zeigt auch die bisher als „Hausgewerkschaft der DB“ belächelte EVG Zähne. Sie will ja nicht hinter der GDL zurückstehen und vielleicht noch weitere Mitglieder an die Konkurrenz verlieren. Das wird die GDL ermutigen, ihre Forderungen noch weiter aufzustocken, und die EVG wird ihrerseits nachziehen.



    Und wer bezahlt am Ende den Wettbewerb um den höchsten Tarif? Klar, die letzten noch verbliebenen Bahnkunden! Die zuvor, wenn nötig, mit abwechselnden Streiks von GDL und EVG genervt wurden. Alle anderen werden ihr schlechtes Gewissen unterdrücken und zum Auto zurückkehren.

  • 3G
    32533 (Profil gelöscht)

    Na also. Geht doch!

  • Die EVG, deren Leitung Weselsky für seine Streikaufrufe regelrecht beschimpft hat, merkt jetzt, dass man wesentlich bessere Abschlüsse erreichen kann als mit dem eigenen Kuschelkurs mit dem Bahnvorstand. Jetzt wollen die den abgeschlossenen Tarifvertrag einseitig kündigen um auch für ihre Mitglieder das zu bekommen, was Weselsky verhandelt hat.

    Lächerlicher kann man sich als Gewerkschaft eigentlich gar nicht machen, aber warten wir mal ab, bei der EVG sehe ich noch Luft nach oben.

    Ich hoffe, die Mitglieder wissen jetzt endgültig, wer ihre Interessen gut vertritt!

    • @Gefahrengebietler:

      Die Tendenz, dass Arbeitnehmerverbände irgendwie Interessen der Arbeitgeber vertreten, gibt es auch in anderen Bereichen.

      Nehmen wir mal den "Verein Deutscher Ingenieure" (VDI). Was der politisch macht und propagiert ist im Wesentlichen eine Interessenvertretung der Arbeitgeber. Seltsam.