Tarifabschluss der IG Metall: Gesichtswahrend dank Scholz

Der neue Tarifvertrag ist für die Gewerkschaft ein guter Kompromiss und für die Arbeitgeber verkraftbar – dank der steuerfreien Einmalprämie.

Menschen mit Trillerpfeifen bei einer Kundgebung.

Haben gut was erreicht: IG-Metaller bei einer Kundgebung in Ludwigshafen am 16. November Foto: Timm Reichert/reuters

In prekären Zeiten wie diesen haben es selbst arbeitskampffähige Gewerkschaften nicht leicht, das Bestmögliche für die Beschäftigten herauszuholen. Das zeigt beispielhaft der gerade beendete Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie. Einerseits verlangen die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten nach einer schnellen, spürbaren und deutlichen Entlastung der Beschäftigten. Andererseits befinden sich viele Unternehmen in einer höchst unsicheren ökonomischen Situation. Das engt den Spielraum für Arbeitskämpfe stark ein.

Rund 900.000 von insgesamt 3,8 Millionen Beschäftigten hat die IG Metall in den vergangenen Wochen in Warnstreiks geschickt. Das war zwar ein starkes Zeichen. Gleichzeitig hat die größte deutsche Einzelgewerkschaft aber alles darangesetzt, zu einer Verständigung am Verhandlungstisch zu kommen, also einen unbefristeten Streik zu vermeiden. Der jetzt in Baden-Württemberg gefundene Kompromiss zeugt von ihrem großen Verantwortungsbewusstsein, keine Arbeitsplätze zu gefährden.

Auch wenn es auf den ersten Blick etwas merkwürdig klingen mag: Wie schon die Tarifeinigung in der Chemieindustrie ist auch der Pilottarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie ein Erfolg für Olaf Scholz. Denn dass die beiden größten Tarifkonflikte in diesem Jahr mit Abschlüssen beendet werden konnten, die für die Gewerkschaften gesichtswahrend sind und für die Arbeitgeber ökonomisch verkraftbar erscheinen, verdankt sich nicht zuletzt der Initiative des sozialdemokratischen Kanzlers, Sonderzahlungen von bis zu 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei zu stellen.

Diese „Inflationsausgleichsprämie“ hat Tarifverträge möglich gemacht, die trotz bescheidener prozentualer Lohnsteigerung den krisenbedingten finanziellen Druck auf die Beschäftigten zumindest für die beiden kommenden Jahre spürbar eingrenzen. Auch wenn Einmalzahlungen generell kein Ersatz für Lohnerhöhungen sein können, die sich dauerhaft positiv auf die Gehaltsentwicklung auswirken, helfen sie doch in der gegenwärtigen Situation allen ungemein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.