Taliban-Angriff in Afghanistan: Familien getrennt und erschossen
Bei dem Angriff starben mindestens 36 Menschen. Ob die Taliban und der „IS“ dabei gemeinsam vorgegangen sind, ist unklar.
Ein Teil der Getöteten gehört zu den sogenannten Volksaufstandskräften, einer regierungstreuen Miliz. Sie hatten zuvor tagelang Widerstand geleistet, waren dann von ihren Ältesten aber zur Flucht überredet worden. Viele Opfer starben am 5. August, als die Angreifer die Flüchtigen mit ihren Familien stoppten, Männer von Frauen und Kindern trennten und sie dann erschossen. Damit, so die UNO, hätten sich die Opfer hors de combat befunden. Das bezeichnet im humanitären Völkerrecht Angehörige bewaffneter Kräfte, die sich akut nicht am Kampf beteiligen oder in der Gewalt ihrer Feinde befinden.
Für Berichte über Enthauptungen, Entführungen von Frauen und sexuelle Gewalt fand die UNO keine Beweise. Es gebe auch keine Anhaltspunkte, dass der Angriff aus einer „konfessionellen oder ethnischen Motivation heraus“ erfolgt sei. Die „ethnische Dimension“ der Morde müsse weiter untersucht werden. Bei den Angreifern handelte es sich um sunnitische Aimaq, die Opfer gehören zur schiitischen Minderheit der Hasara.
Nach dem Massaker waren in Afghanistan Berichte der Behörden heftig diskutiert worden, dass dabei Kämpfer der verfeindeten Taliban und des Islamischen Staates erstmals gemeinsame Sache gemacht hätten. Die UNO kommt dazu aber zu keinem abschließenden Urteil. Ein beteiligter Kommandeur, Kampfname Ghasanfar, habe sich nach lokalen Informationen zum IS bekannt. Nach taz-Informationen hatte er Fühler zu Gleichgesinnten in einer Nachbarprovinz ausgestreckt, sich nach seiner Rückkehr aber wieder den Taliban unterstellt. Auch diese behaupten, er hätte in Mirsa Olang in ihrem Namen gekämpft. Diese Aussage fällt auf sie zurück, denn Ghasanfar steckt hinter den meisten der untersuchten Morde.
Unterdessen eroberten am Montag die Taliban mit Chamab in der Nordprovinz Dschausdschan ein weiteres Distriktzentrum und belagern dort drei weitere. In Gomal im Südosten erlitten sie nach 18-tägigen Kämpfen eine schwere Niederlage. Seit Donnerstag wurde in mindestens 14 weiteren Provinzen gekämpft.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung