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Tagebuch eines HaushältersKochen, baden, Zeit verdaddeln

Es ist schon länger her, dass sich unser Kolumnist, ohne Ablenkungen dem Haushalt hingeben konnte. Liegt darin schon das wahre Glück?

Eine Epitome ist ein Auszug aus einem umfangreicheren Werk Foto: Pond5 Images/imago

A m Samstag (!) begab sich meine Frau auf eine fünf­tägige (!) „Fortbildung“ ans Mittelmeer (!). Ich schnappte mir ein Auto, lud die Kinder ein und fuhr zu Freunden aufs Land in die rational befreite Zone. Bei Grillgut und Kremmener Spargel ließ ich mich über die Lage in der um uns herum verzaubert blühenden Landschaft briefen. Im Landstädtchen sei nach den jüngsten Enthüllungen die Verhetzungskurve leicht abgeflacht, die Machtergreifung müsse eventuell doch noch tausend Jahre warten oder eben, bis der Russe endlich zurückkommt.

Auf der Heimfahrt am Sonntag hielt ich auf zweifachen Wunsch bei ­McDonald’s. Die Eingeborenen standen vor, die Zugezogenen hinter dem Tresen. Nicht arbeiten müssen und auf andere herabsehen können – ist das das Glück? Oder ist vielleicht die Macht des faktischen Wohlstands am Ende doch der stärkste Menüpunkt des Antifaschismus, mümmelte ich in Gedanken, während ich den Kindern ein paar Nuggets klaute.

Nachdem sie in ihren Einrichtungen abgesetzt waren, hatte ich dann am Montag tatsächlich Freigang. Ich erledigte Wäsche und allgemeine Aufräumarbeiten. Es war sehr schön, sich ohne äußere Verpflichtungen, wenn auch nur für ein paar Stunden, allein durch die Wohnung zu wurschteln, aber auch ungewohnt – wann hatte ich das das letzte Mal gehabt, vor zwei Jahren?

Als keine Lego-Steine oder Quietscheenten mehr auf dem Boden lagen, legte ich mich aufs Sofa, schnappte mir ein Buch und schlief sofort ein. Als ich mittags aufwachte, machte ich mir die übrig gebliebenen Nudeln vom Vorabend warm, die ich von den Tellern der Kinder zurück in die Pfanne gekratzt hatte. Dazu trank ich ein Glas Weißwein, denn tagsüber Alkohol zu trinken ist für mich der Inbegriff des Freihabens.

Endlich entspannt Zeit für alles

Mit einem Espresso danach war ich dann fit genug, um mich ernsthaft meiner Lektüre zu widmen, blieb aber gleich beim Wort „Epitomator“ hängen, das mir noch nie untergekommen war. Als Epitomator wird der Verfasser einer Epitome bezeichnet, belehrte mich mein Handy, wobei ich insgeheim erwartete, mein Buch würde sich bei mir beschweren wie mein zweijähriges Söhnchen: „Papa, Handy weg!“

Eine Epitome, las ich weiter, ist eine Zusammenfassung eines umfangreicheren Werks. Damit ließ ich es gut sein, es war auch schon 15 Uhr. Endlich war mal entspannt Zeit, zur Kita aufzubrechen, mit dem Söhnchen zur Schule der Tochter zu fahren, sie zum Instrumentenunterricht zu bringen, die Wartezeit auf dem Spielplatz zu verdaddeln, heimzufahren, zu kochen, zu baden, zu wickeln, mit der Tochter die Entwicklungen der Freundinnengang zu analysieren und so weiter.

Vielleicht, dachte ich, brauche ich für meine Lebensbeschreibung als Partner einer Führungskraft auch einen Epitomator. Das aber erinnerte mich an das Märchen, wo ein Junge von der bösen Fee eine Zauberdose mit Schnur geschenkt bekommt. Immer wenn ihm langweilig ist, zieht er an der Schnur, und die Zeit vergeht. Am Ende ist er sehr schnell ein alter Mann, bereut alles und bekommt von der guten Fee eine zweite Chance – ein Märchen eben.

Am Mittwochabend kam meine Frau dann zurück. Die Kinder schliefen, alle waren halbwegs gesund, am nächsten Morgen war Feier- und Vatertag, und ich durfte zur Erwachsenenarbeit in die Redaktion. Das ist das Glück, dachte ich, und als die Zeitung gemacht war, schrieb ich meine Kolumne.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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