Tag der Pressefreiheit 2025: Hilfreiche Infos für Migrant*innen
Das „Borderless Magazine“ in Chicago will über Trumps Änderungen der Einwanderungspolitik informieren, ohne Ängste zu schüren.

Borderless Magazine ist ein gemeinnütziges überparteiliches Nachrichtenmagazin in Chicago. Wir berichten über Migration und migrantische Communities in der Stadt. Eigentlich war Boarderless als kurzfristiges Projekt geplant, das sich wegen der mangelhaften Berichterstattung über den „Muslimban“ herausgebildet hat, ein Dekret des US-Präsidenten Donald Trump 2017 aus seiner ersten Amtszeit. Uns wurde klar, dass Bedarf an einer dauerhafteren Lösung bestand, weshalb im Oktober 2019 unsere Webseite re-launched wurde und wir seitdem als Borderless veröffentlichen.
Chicago hat eine riesige Einwanderungsbevölkerung, etwa 20 Prozent unserer Stadt haben eine Einwanderungsgeschichte. Etwa jedes dritte Kind in unserem öffentlichen Schulsystem hat mindestens einen eingewanderten Elternteil. Gleichzeitig kann man einen massiven Rückgang von Medienhäusern beobachten. Dadurch entsteht eine große Lücke in der Berichterstattung über Migration – aber auch für Migrant*innen, die kein Englisch sprechen. Deshalb erscheinen alle unsere Artikel auf Englisch und Spanisch. Je nach Thema und redaktionellen Kapazitäten veröffentlichen wir auch in Mandarin, Dari-Farsi, Filipino und Arabisch.
Nicht englischsprachiger Journalismus hat in den USA eine lange Geschichte, die eng mit der Einwanderungsgeschichte des Landes verknüpft ist. Schon im 18. Jahrhundert erschienen Zeitungen auf Deutsch, später auch auf Italienisch, Jiddisch oder Chinesisch. Eine Zeit lang waren Deutsche die einflussreichste Gruppe in der ethnischen Presse. Ethnomedien sind in den USA (Massen-)Medien, die sich jeweils an bestimmte ethnische Migrantengruppen richten.
Heute sind vor allem spanischsprachige Medien stark vertreten – mit großen Playern wie dem Fernsehsender Univision oder Telemundo, aber auch zahlreichen lokalen Radiosendern, Print- und Online-Angeboten. Anderssprachiger Journalismus informiert nicht nur über Nachrichten aus den Herkunftsländern, sondern auch über Politik, Alltag und Rechte in den USA. Er stärkt demokratische Teilhabe, gerade in den Communities, die vom Mainstream-Journalismus kaum erreicht werden. Die Reichweite ist beachtlich: Univision etwa erreicht regelmäßig Millionen Zuschauer*innen. Trotz ihrer Relevanz kämpfen viele dieser Medien mit Unterfinanzierung und politischem Druck – ihre Rolle als Brücke und Stimme bleibt dennoch zentral. Julia Belzig
Wir sind gemeinnützig, das heißt, wir finanzieren uns größtenteils durch Spenden. Alle unsere Geschichten sind ohne Paywall kostenlos lesbar und frei teilbar. Der Großteil unserer Finanzierung kommt von institutionellen Geldgebern, also Stiftungen, sowie von privaten Spenden. Während des ersten Quartals 2025 hatten wir 1,6 Millionen Aufrufe auf Instagram und knapp 50.000 Aufrufe unserer Webseite.
Die zweite Amtszeit von Präsident Trump beeinflusst unsere Arbeit auf zwei Ebenen: Zum einen gibt es fast täglich Veränderungen bei dem Thema Migration. Es ist wirklich eine Herausforderung, da den Überblick zu behalten. Vor allem, weil wir großen Wert darauf legen, Fakten zu liefern und keine Angst zu schüren. Zum anderen haben gemeinnützige Organisationen wie wir auch noch andere Probleme, so werden von der Regierung in beispiellosem Ausmaß angegriffen. So hat die Regierung anderen non-profit Organisationen die Gemeinnützigkeit entzogen – und es gibt Gerüchte, dass noch weitere folgen sollen.
Nissa Rhee ist Executive Director des Borderless Magazines. Sie ist eine preisgekrönte Journalistin mit fast zwei Jahrzehnten Berufserfahrung, hat globale Themen als Produzentin bei Chicago Public Radio behandelt, war Auslandskorrespondentin in Südkorea und Vietnam für The Christian Science Monitor und recherchierte zur Reform des Strafjustizsystems in Chicago für City Bureau.
Sollte das passieren, könnten wir unsere ganze Finanzierung verlieren. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Wir erleben, wie Nachrichtenagenturen angegriffen werden. Ihnen werden Klagen angedroht oder sie werden tatsächlich verklagt. Für eine kleine Organisation wie unsere wäre eine Klage ein riesiges finanzielles Problem.
Die Beilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit 2025 finden Sie
Und dann gibt es noch das Thema Einwanderung: Wir haben Teammitglieder, die keine US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen, und sie oder ihre Familienangehörigen sind von allem, was passiert, betroffen. Das ist eine große Herausforderung, weil sich so vieles verändert und außerhalb unserer Kontrolle liegt.
Ermordet oder verhaftet, aber nicht vergessen
Protokoll von Julia Belzig, freie Journalistin in Berlin, die 2024 mit dem Daniel-Haufler-Stipendium der taz Panter Stiftung in den USA war.
Dieser Artikel erscheint am 3. Mai 2025 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit.
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