Täter des Anschlags in Istanbul: Nicht zu fassen

Spurlos verschwunden: Wer den Anschlag in Istanbul in der Silvernacht verübt hat, ist zunächst unklar und lässt sich nur vermuten.

Blumen liegen vor dem Club in Istanbul, wo der Anschlag verürbt worden ist

Vor dem Nachtclub Reina am Sonntag Foto: ap

ISTANBUL taz | Wer ist der oder wer sind die Attentäter, die in der Silvesternacht den Nachtclub Reina in Istanbul attackierten? Der türkische Innenminister konnte oder wollte dazu am Neujahrstag keine Angaben machen, ein Bekennerschreiben lag bis zum Abend noch nicht vor. Der oder die Täter entkamen, sie liefen noch frei herum und hinterließen keine Hinweise, die Rückschlüsse auf ihre Identität geben. Trotzdem legen Art und Ziel des Attentats eine bestimmte Tätergruppe nahe.

Die PKK und ihre Untergruppe TAK, die für das letzte Attentat am 10. Dezember am Fußballstadion Beşiktaş die Verantwortung übernahmen? Wohl eher nicht. Sie hatten bei allen ihren Anschlägen 2016 immer die Sicherheitskräfte im Visier. Zwar nehmen die kurdischen Terroristen auch keine Rücksicht mehr auf mögliche zivile Opfer, doch die waren bislang nie das eigentliche Ziel eines Anschlags.

Die Gülen-Bewegung, die die Regierung für den Putschversuch vom Juli verantwortlich macht, ist bisher nicht mit Terroranschlägen aufgefallen, auch wenn der Mord an dem russischen Botschafter am 19. Dezember in Ankara angeblich von der Gülen-Bewegung gesteuert war.

Unbewaffnete Zivilisten sind dagegen das bevorzugte Ziel islamistischer Attentate. Dem IS werden in der Türkei seit dem Sommer 2015 immer wieder verheerende Attentate auf Demonstranten, Touristen und auf den Istanbuler Flughafen vorgeworfen. Die Opfer waren oft Kurden oder türkische Linke, und oft wurde die Polizei von der Opposition massiv kritisiert, weil sie spätere Täter schon kannte, aber die Attentate dennoch nicht verhinderte. Auch der Nachtclub Reina gehört nicht unbedingt zu den bevorzugten Adressen von AKP-Anhängern, sondern ist ein bekannter Treffpunkt der säkularen Gesellschaft.

Das passt zu den Beschuldigungen, Präsident Erdoğan habe ein ambivalentes Verhältnis zu der islamistischen Terrortruppe, vor allem, wenn der IS die Kurden in Syrien bekämpft. So richtete sich denn auch der Einmarsch in Nordsyrien vor allem gegen die syrischen Kurden, auch wenn die Regierung immer behauptete, es ginge ihr genauso sehr darum, die Grenze vom IS zu „säubern“. Seit einigen Wochen versucht die türkische Armee mit verbündeten syrischen Milizen jedoch massiv, die vom IS gehaltene Stadt al-Bab, ungefähr 30 Kilometer nordöstlich von Aleppo, zu erobern – auch um kurdischen Kräften zuvorzukommen.

Vielleicht war das Attentat in der Silvesternacht eine Reaktion auf den türkischen Angriff auf al-Bab, vielleicht war es aber auch eine eigenständige Aktion islamistischer Aktivisten. Solange die Täter nicht gefasst werden, bleibt das Spekulation.

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