Emmanuel Macron steigt als Sieger aus dem Ring

Beim TV-Duell kann Frankreichs Präsident gegenüber der Rechtspopulistin Marine Le Pen punkten. Auch deren Nähe zu Russlands Präsidenten Putin versucht er für sich zu nutzen

Die beiden Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­t*in­nen Emmanuel Macron und Marine Le Pen vor dem TV-Duell am Mittwochabend Foto: Catherine Evans/reuters

Aus Paris Rudolf Balmer

Mehr als 15 Millionen Zu­schaue­r*in­nen haben am Mittwochabend das mit Spannung erwartete TV-Duell der beiden Fi­na­lis­t*in­nen bei der französischen Präsidentenwahl, Emmanuel Macron und Marine Le Pen, verfolgt. Die wenigsten blieben aber bis zum Ende vor dem Bildschirm. Drei Stunden Behauptungen, Selbstlob, Widerreden sowie gegenseitige Anschuldigungen – so lange dauerte es, bis die Diskussion kurz vor Mitternacht in einer fast höflichen Atmosphäre endete.

Am Tag danach sahen die meisten französischen Medien den amtierenden Präsidenten als Sieger. Wie schon 2017 wirkte seine Gegnerin Le Pen verunsichert und inkompetent, sobald sie ihr Programm in Detailfragen verteidigen musste. Da sie in der Stichwahl am kommenden Sonntag nicht als Favoritin, sondern als Herausforderin antritt, hätte sie in dieser Debatte unbedingt punkten müssen. Das ist ihr nicht gelungen. Le Figaro fasste das so zusammen: „Le Pen zählt die Probleme auf, Macron die Lösungen.“ Libération titelte: Le Pen habe „noch immer nicht das Niveau“.

Marine Le Pen, die per Losentscheid als Erste das Wort erhielt, legte sogar einen Fehlstart hin, indem sie zu reden begann, bevor das Jour­na­lis­t*in­nen­duo seine erste Frage stellen konnte. Sie hatte sich in Erinnerung an die völlig verpatzte Debatte von 2017 gegen Macron mit ihren Beratern intensiv vorbereitet. Von Beginn an wurde jedoch deutlich, dass Macron Zahlen und Details in Wirtschaftsfragen, aber auch den Staatsapparat und die Gesetzgebung viel besser kennt als Le Pen. ­Macron, der seine Vorteile nutzen wollte, benahm sich mit zynischen Bemerkungen wie „Sie haben durchaus recht, Madame Le Pen“ herablassend oder auch arrogant, als er seiner Gegnerin ankreidete, sie lüge oder verdrehe die Wahrheit.

Amtsinhaber Macron versuchte sich bis an den Rand der Rechthaberei gegen Le Pens Kritik an seiner Bilanz zu verteidigen, die im Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik offensichtliche Angriffsflächen bietet. Macron wiederum griff Le Pens Programm an, das er als gefährlich für die Demokratie und völlig unrealistisch kritisierte.

Ins Wanken geriet Le Pen beim Ukrainekrieg. Macron warf ihr vor, dass sie 2014 die russische Annexion der Krim akzeptiert und für ihren Wahlkampf von 2017 von einer russischen Bank, deren Nähe zu Machthaber Wladimir Putin bekannt sei, einen Millionenkredit erhalten habe. Diesen habe sie bis heute nicht zurückzahlen müssen. „Wenn Sie von Russland reden, Madame Le Pen, sprechen Sie von ihrem Bankier“, sagte Ma­cron. Sie versuchte sich mit einer Solidaritätserklärung für die Ukraine aus der Affäre zu ziehen. Macron konterte, ihre Fraktion habe sich im EU-Parlament gegen Sanktionen ausgesprochen.

Wie sehr sich die politischen Vorstellungen für Frankreichs Zukunft unterscheiden, wurde bei der EU-Frage deutlich. Für Le Pen steht die nationale Souveränität an erster Stelle, sie will allenfalls ein „lockeres Bündnis der Nationen“. Macron wirft ihr vor, einen „Frexit“ anzustreben. Er möchte, dass seine Wahl zu einem Pro-Europa-Votum wird.

In die Haare gerieten sich beide auch beim Thema Energiewende: „Ich bin keine Klima-Skeptikerin, wie Sie sagen, aber Sie sind ein Klima-Heuchler“, entgegnete Le Pen. Sie möchte die Atomenergie noch mehr als Macron fördern und Windräder verbieten.

Sollte sie Präsidentin werden, will Le Pen Referenden ansetzen: über die Bekämpfung der Immigration und die Bevorzugung französischer Staats­bür­ge­r*in­nen bei der Stellen- und Wohnungsvergabe. Das hält Macron für verfassungswidrig. Er ist auch gegen das von Le Pen geforderte Verbot des Kopftuchs in der Öffentlichkeit, weil dies ein Angriff auf die Religionsfreiheit darstelle. Le Pens Vermischung von Islam und Islamismus führe zum „Bürgerkrieg“.

Die TV-Debatte zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen war der Höhepunkt der Kampagne. Laut Umfragen geben 13 Prozent der Wahlberechtigten an, sie wüssten noch nicht, wem sie am Sonntag ihre Stimme geben werden. Auch haben sich viele Fran­zö­s*in­nen noch nicht definitiv entschieden, ob sie überhaupt an der Stichwahl teilnehmen.