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THW Kiel spielt im Corona-AkkordZebras im Hamsterrad

Die Handballer des THW Kiel müssen derzeit en bloc Spiele nachholen, die wegen Corona verschoben worden waren. Das geht an die Substanz.

Erschöpft, aber auch erfolgreich: Kiels Torwart Niklas Landin am Sonntag beim Sieg gegen Berlin Foto: Frank Molter/dpa

Hamburg taz | Auf dem Gebiet der Körperertüchtigung finden sich ja einige Begriffe, die nicht so sportaffine Menschen stutzen lassen. „Bogenlampe“ und „Flügelzange“ etwa, oder „Hungerast“ und „Bananenflanke“. Nicht zu vergessen: die „Englische Woche“. Der Begriff geht auf die Austragung von drei Punktspielen innerhalb von sieben Tagen zurück. Da bis 1992 die erste englische Fußballliga aus 24 Teams bestand und somit auch etliche Spieltage unter der Woche stattfinden mussten, hat dieser knackige Rhythmus auch in Deutschland den Bezug zur britischen Insel bis heute beibehalten.

Aktuell gäbe es aber gute Gründe, eine neue Top-Kategorie im Umgang mit Unbill bei der Termingestaltung zu wählen. Der deutsche Handball-Rekordmeister THW Kiel muss derzeit im Akkord all jene Partien abhaken, die in den vergangenen Monaten aufgrund der Auswirkungen der Coronapandemie verschoben worden waren. Dem norwegischen Rückraumspieler Harald Reinkind hatte schon im Spätherbst Böses geschwant: „Zum Glück müssen wir Spieler uns nicht um den Terminplan kümmern, aber vielleicht müssen wir irgendwann in einer Woche jeden Tag spielen“, befürchtete er.

Ganz so schlimm ist es dann doch nicht gekommen – aber fast. Zu einer Sieben-Spiele-Hatz innerhalb von nur 13 Tagen ist die Mannschaft von THW-Trainer Filip Jicha von der Handball-Bundesliga (HBL) und der Europäischen Handball-Föderation (EHF) durch die Ansetzungen in den Wettbewerben um die deutsche Meisterschaft und die Champions League verdonnert worden.

Für die „Zebras“ ist es nach einer 14-tägigen Quarantäne für das ganze Team ein Dasein im Hamsterrad. Sonntag, 20. Februar: Bundesliga-Heimspiel gegen den SC Magdeburg (24:24), Dienstag zu Hause gegen Aalborg HB (28:26), Donnerstag beim HBC Nantes (24:24), am vergangenen Sonntag in eigener Arena gegen die Füchse Berlin (32:26), am kommenden Dienstag gegen Celje (Slowenien), Donnerstag gegen Zagreb und am Sonnabend darauf gegen die HSG Nordhorn-Lingen.

Das Team ist zu einer Sieben-Spiele-Hatz innerhalb von nur 13 Tagen verdonnert worden

Grundsätzlich ist es beim THW schon seit Jahrzehnten so, dass die Spieler in einer Saison stets ein hartes Programm zu bewältigen haben. Schließlich sind die Schleswig-Holsteiner Dauergast im Europapokal, fast immer in der Champions League, in der es in der Hauptrunde Ach­tergruppen und entsprechend viele Spiele gibt. Das jetzige Pensum liegt aber den Umständen geschuldet deutlich darüber. So kurz nach der WM in Ägypten, bei der die Nationalteams alle zwei Tage Partien spielen mussten, dürfte sich die jetzige Phase für einige im Team wie ein zweites Großereignis unmittelbar nach dem ersten anfühlen. Und im Sommer könnte das nächste folgen, wenn die Olympischen Spiele in Tokio am 23. Juli beginnen sollten.

Dabei hatte Reinkind schon in der Partie gegen Aalborg, der zweiten der wilden Sieben-Stationen-Ritts, Veränderungen wahrgenommen. „Der Akku war schneller leer als am Sonntag. In der zweiten Halbzeit waren die Beine wie Gummi“, erklärte er. Viel Zeit für Training bleiben dem Team nicht. Spiel, Regeneration, Videostudium, Spiel – so lauten derzeit die Kernpunkte im THW-Takt. „Wir haben gerade nicht die Möglichkeit, im Training Abläufe zu proben. Deshalb müssen wir auf dem Feld noch mehr sprechen“, sagte Spieler Steffen Weinhold.

Das Vorankommen erstaunte zuletzt auch Jicha. „Ich muss den Hut ziehen vor dem Willen meiner Spieler“, sagte der Tscheche nach dem 23:23 in Nantes, als ein Kraftakt in der Schlussphase einen Punkt einbrachte. Jicha: „Wir glauben daran. Wir sind vielleicht nicht spritzig genug. Wir sind vielleicht in den Abläufen nicht so sicher, wie es sein sollte. Aber die Jungs glauben an die Sache.“

Und sie alle haben einen genauen Zeitpunkt im Kopf. Nächsten Sonnabend, 22.05 Uhr. Dann dürfte das Heimspiel gegen Nordhorn-Lingen und die Terminhatz in 13 Tagen beendet sein. Ein bisschen Zeit zum Durchatmen – bevor viel zu hurtig die nächsten Termine mit Länderspielen, Meisterschaft und Champions League heranrücken.

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