piwik no script img

Szenen einer Ehe

■ Trennung, Kindesentziehung, Versöhnung, Freispruch: Ein Paar vor Gericht

War doch alles nicht so schlimm, plötzlich. Das mit den Kindern, die er aus der gemeinsamen Wohnung fort zu seinem Bruder brachte. Und das mit dem Messer, mit dem er ihr gedroht haben soll, falls sie die Polizei benachrichtige. Denn jetzt hat man sich wieder versöhnt, will sogar heiraten, und deshalb soll die Anzeige vom Tisch. Blazo A., angeklagt wegen Kindesentziehung und Nötigung, wird vom Hamburger Amtsgericht freigesprochen, nachdem seine Freundin die Aussage darüber verweigert hat, was an jenem Tag im Februar geschah.

Sie ist 22 Jahre und erwartet gerade das vierte Kind von ihm, jedenfalls glaubt er, dass die Sprösslinge von ihm sind, „die Frau weiß das genau“. Damals haben sie sich gestritten, denn er hat „mit einer anderen Frau ein bisschen Spaß gehabt, so wie jeder Mensch eben Spaß haben will“, sagt er und zupft die ballonseidene Trainingshose zurecht. Sie war eifersüchtig, er drohte mit Trennung, und jetzt gehen die Varianten auseinander: Er sagt vor Gericht, sie habe dann auch die Kinder nicht mehr haben wollen und ihn aufgefordert, sie mitzunehmen. Woraufhin er die beiden Jüngsten zu seinem Bruder brachte. Sie sagte damals der Polizei, sowieso halte er sich ständig in Spielhallen und bei anderen Frauen auf, und nun habe er ihr zwei ihrer drei Kinder gewaltsam entrissen und angedroht, sie „mit dem Messer zu bearbeiten“, sollte sie die Polizei informieren. Was sie eine Woche später dennoch tat. Die Beamten holten die Kinder beim Bruder ab, „die Mutter war ganz aufgelöst, hat geheult und wollte nur ihre Kinder haben“, sagt ein Polizist als Zeuge vor Gericht.

Jetzt ist alles wieder gut und der Prozesstermin nurmehr lästige Pflicht. Sie kommt erst alleine und glaubt mit der Ankündigung, ihre Aussage zu verweigern, dem Mann seine ersparen zu können. Beide erscheinen ohne Anwalt, wozu auch, da sie sich außergerichtlich geeinigt haben und die Angelegenheit nun bitte als familiäre betrachtet sehen möchten. Sie sagt nichts, übrig bleibt seine Darstellung, und die „können wir hier nicht widerlegen“, befindet das Gericht und verkündet den Freispruch für Blazo A.

Elke Spanner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen