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Syrische Opposition appeliert an UN„Mehr Gräuel, mehr Extremismus“

Die UN entsendet Beobachter in die von der syrischen Regierung zurückeroberte Stadt. Syrische Oppositionelle haben vor allem einen Auftrag an sie.

Die Evakuierung Aleppos läuft Foto: ap

Genf epd | Syrische Oppositionelle haben die internationalen Beobachter im zerstörten Osten der Stadt Aleppo aufgefordert, die Assad-Truppen und ihre Verbündeten von weiteren schweren Kriegsverbrechen abzuhalten. Die Truppen hätten dort nach ihrem Sieg über die Rebellen grausam gewütet, sagte Hind Kabawat, Mitglied des oppositionellen „Hohen Verhandlungskomitees“, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf. „Zivilisten wurden erschossen oder lebendig verbrannt.“

Kabawat ist Professorin für Friedensbildung an der George Mason Universität in der Nähe der US-Hauptstadt Washington. Sie warf den syrischen Regierungstruppen auch Vergewaltigungen vor. Jungen und Männer seien verschleppt und eingesperrt worden.

Zu dem „Hohen Verhandlungskomitee“ mit Sitz im saudischen Riad haben sich mehrere syrische Oppositionsgruppen zusammengeschlossen. Nach Schätzung der Organisation haben Einheiten des Machthabers Baschar al-Assad seit Beginn des Syrien-Konflikts im März 2011 bis November 2016 etwa 200.000 Menschen gefangengenommen.

Die Evakuierung von Ost-Aleppo laufe völlig nach Gutdünken des Assad-Regimes, sagte Kabawat: „Es ist unklar, wie die Menschen für die Evakuierung ausgewählt werden. Viele Menschen sitzen noch in Ost-Aleppo fest und haben keine medizinische Versorgung.“ Keiner der Evakuierten wisse genau, was mit ihm geschehe. Schätzungen zufolge harren noch Zehntausende in den belagerten Stadtvierteln aus. Die Zahlen lassen sich nicht überprüfen.

Idlib könnte nächstes Ziel syrischen Armee

Kabawat befürchtete, dass die Assad-Armee in Kürze die Rebellenhochburg Idlib und andere Gebiete der Opposition angreifen wird. „Aleppo war nur der Anfang“, sagte sie. Die bevorstehenden Offensiven brächten mehr Gräuel, mehr Flüchtlinge und mehr Extremismus.

Vorige Woche startete die Evakuierung von Ost-Aleppo, allerdings stockte die Aktion wiederholt. Laut Rotem Kreuz wurden bis Dienstag 25.000 Menschen aus dem Gebiet gebracht. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Montag die rasche Entsendung von Beobachtern beschlossen, zuletzt waren 120 UN-Mitarbeiter vor Ort.

In Syriens Bürgerkrieg kämpfen das Assad-Regime, Rebellen und Terrorgruppen um die Macht. Assad kann auf die Hilfe Russlands und Irans und von Milizionären aus dem Libanon zählen. Die USA unterstützten gemäßigte Rebellen mit Waffen. Hunderttausende Menschen starben, Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht.

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4 Kommentare

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  • „Die Truppen hätten dort nach ihrem Sieg über die Rebellen grausam gewütet, sagte Hind Kabawat, Mitglied des oppositionellen „Hohen Verhandlungskomitees“, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf. „Zivilisten wurden erschossen oder lebendig verbrannt.““

     

    Hat Frau Kabawat für ihre Behauptungen irgendwelche Belege angeführt? Immerhin befindet sich in Aleppo mittlerweile eine große Anzahl an Journalisten und Mittarbeitern von internationalen Organisationen. Die müssten doch etwas davon mitbekommen.

     

    Nur um Missverständnissen vorzubeugen. Ich wäre überrascht, wenn es nicht zu einzelnen Übergriffen gekommen wäre. In der aufgeladenen Atmosphäre eines Bürgerkrieges ist so etwas leider normal. Mir geht es um die maßlosen, bis jetzt durch nichts belegten, Übertreibungen.

  • Idlib wird sicher nächstes Ziel der iranisch-syrischen-russischen Allianz und wenn dort die Einwohner vernichtet und vertrieben sind, dann geht es im Libanon weiter.

    Weil die internationalen Institutionen versagen.

    • @nzuli sana:

      "...dann geht es im Libanon weiter."

       

      Mal abgesehen davon, dass von "Vernichtung" keine Rede sein kann. Wie kommen Sie darauf, dass es im Libanon weiter gehen soll? Haben Sie Kenntnis entsprechender Pläne der Rebellen? Die iranisch-syrische-russische Allianz hat zumindest bis jetzt keine Ambitionen in der Richtung gezeigt. Und es ist auch unklar, wo solche Ambitionen herkommen sollten.

       

      In einem gebe ich Ihnen aber Recht. Kommt es zu keiner Verhandlungslösung, so wird es eine Schlacht um Idlib geben. Ich wundere mich nur, warum Sie das stört. Sie haben immer dem bewaffneten Kampf das Wort geredet. Das sind die Folgen.

    • @nzuli sana:

      Es ist davon auszugehen, dass die Syrische Regierung den Puffer um Aleppo vergrößern wird, um den Beschuss der Zivilisten in der Stadt durch die Terroristen zu unterbinden.

       

      Sie scheinen Informationen zu haben, dass es Planungen gibt, dass die syrische Armee in den Libanon einmarschiert. Gibt es dafür eine Quelle o.ä.?