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Syrische KriegsführungKein Gemüse, kein Brot, nur Hunger

In belagerten Orten setzt Syriens Regierung gezielt Hunger als Waffe ein. Amnesty International beschreibt die Folgen am Beispiel des Flüchtlingslagers Jarmuk.

Verteilen von Lebensmitelpaketen in Jarmuk Ende Januar. Bild: dpa

BERLIN taz | „Das letzte Mal, dass ich Gemüse gegessen habe, ist über acht Monate her.“ Dies sagte ein Bewohner von Jarmuk, einem Viertel im Süden von Damaskus, im Januar gegenüber Amnesty International (AI). Die Menschenrechtsorganisation legte am Montag einen Bericht über das von Regierungstruppen belagerte Gebiet vor.

Nicht nur Gemüse fehlt hier, sondern auch Obst und Getreide, um Brot zu backen. Eine normale Mahlzeit besteht aus Wasser mit Kräutern, Blättern oder Unkraut. Manche essen in ihrer Not Katzen oder Hunde. 60 Prozent der Bewohner leiden an Mangelernährung und Folgeerkrankungen. Die UNO schätzt die Zahl derer, die in belagerten Orten in Syrien leben, auf eine Viertel Million Menschen.

Jarmuk ist ein besonders krasser Fall, denn es ist bereits seit Juli 2013 von der Außenwelt abgeriegelt. Mit Ausnahme einiger Hilfslieferungen seit dem 18. Januar hat die syrische Armee verhindert, dass Lebensmittel, Medikamente und andere Dinge des täglichen Lebens nach Jarmuk gelangen. Auch Personen durften den Ort nicht verlassen.

Jarmuk war ursprünglich ein palästinensisches Flüchtlingslager, das heute eher den Charakter eines Armenviertels hat. Einst lebten hier etwa 180.000 Palästinenser und mehrere hunderttausend Syrer; heute sind es noch 17.000 bis 20.000 Personen. Seit Beginn der Belagerung sind nach einer Aufstellung von Amnesty 194 Bewohner an Hunger, fehlender medizinischer Versorgung oder durch Beschuss von Scharfschützen gestorben.

Der Konflikt begann am 6. Juni 2011, als syrische Sicherheitskräfte und Mitglieder der regimetreuen Volksfront für die Befreiung Palästinas – Generalkommando eine Demonstration in Jarmuk beschossen. In der Folge bezog die Freie Syrische Armee Stellungen in dem Viertel; diese zogen laut AI im Mai 2013 wieder ab. Während die Bevölkerung dem Bericht zufolge neutral bleiben wollte, rückten al-Qaida-nahe Gruppen nach, griffen Stellungen der Regierungstruppen an und sorgen bis heute immer wieder für Probleme.

Größtes Krankenhaus teilweise zerstört

Unter den 194 Opfern in Jamuk sind 54 Frauen und 139 Männer. In einem Fall konnte das Geschlecht nicht identifiziert werden. Auch zwölf Babys und sechs Kinder kamen ums Leben. Die Situation von Verletzten oder Kranken wurde dadurch erschwert, dass mindestens zwölf Ärzte und Pfleger festgenommen wurden beziehungsweise bis heute verschwunden sind.

Viele Angehörige des medizinischen Personals sind überdies geflohen. Von den Krankenhäusern und Kliniken arbeiten nur noch drei. Das größte, das Palästina-Krankenhaus, wurde mehrfach von Regierungstruppen angegriffen und teilweise zerstört.

Im Zusammenhang mit der Unterernährung hatten Ärzte mit neuen Problemen wie Lebensmittelvergiftungen zu kämpfen – etwa, wenn die Menschen aus Not unverträgliche Pflanzen aßen oder eine Mischung aus Wachs, Zucker und Wasser zu sich nahmen, mit denen Frauen sich normalerweise enthaaren. Ein Freiwilliger des Palästinensischen Roten Halbmonds (PRCS) sagte gegenüber Amnesty, Gelbsucht habe sich sehr verbreitet. Hauptursache sei verdorbenes Essen durch mangelnde Hygiene. Seit dem 18. Januar konnten nach Angaben des PRSC etwa 450 Schwerkranke Jarmuk verlassen.

In seinen Schlussfolgerungen fordert Amnesty die sofortige Aufhebung aller Blockaden und den ungehinderten Zugang zu allen Bedürftigen. Amnesty fordert darüber hinaus den UN-Sicherheitsrat auf, den Fall Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof zu übergeben. Denn laut internationalem Recht sind gezielte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung ebenso verboten wie der Einsatz von Hunger als Waffe.

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8 Kommentare

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  • Wenn der Westen mit Unterstuetzung der Rebellen stoppt,solange diese Rebellen sich in Gebieten verstecken wo Buerger leben,wird viele Leben ersparen

  • HS
    Hari Seldon

    @nzuli sana:

     

    Zitat aus Ihrem Beitrag: "Jeder Mensch hat das Recht die Regierung zu stürzen". Nun, bitte, probieren Sie diese Vorgehensweise bei den "Friends of Syria". Mal sehen, wie lange könnten Sie überleben: 5, 10, oder max. 30 Minuten?

     

    Übrigens, die "Freihetskämpfer" (Ihre Gleichgessinte) haben gerade heute ein 10-jährigen Junge in Al-Raqqa öffentlich hingerichtet. Ähnliche ziehen zu ähnlichen... Die gute Nachricht: Die entführten christlichen Nonnen sind frei (Katar musste 16 Mio USD den "Freiheitskämpfer" bezahlen), und die Terroristen (Ihre FreundInnen) verlieren mindestens 1000 Kämpfer pro Woche + die Deserteure. Hoffenlich sind diese Terroristen schnell wie möglich weg vom Fenster, und das syrische Volk kann in Frieden leben.

  • weiterhin sterben jeden Monat 5000 Menschen. Medico international hat letzte Woche die Schätzung von 170.000 Toten seit 2011 genannt.

    Das Assad-Mafiaregime ist für 80% der Toten verantwortlich:

    Belagerung der Städte mit Panzern von Anfang an,

    Schüsse auf Demonstrationen seit der ersten Demo 2011,

    Flächenbombardement mit der Luftwaffe, hier macht sich das Putinregime seit drei Jahren schwerster Verbrechen mitschuldig

    - Chemiewaffen als billigeren Terror

    Aushungern

    Überfälle durch die Shabiha-Killer.

     

    Jeder Mensch hat das Recht die Regierung zu stürzen.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Ist Assad nicht Zahnarzt? Hat er als Mediziner kein menschliches Gefühl? Kann er nicht endlich Verhandlungen anbieten? Der Westen könnte es ihm mit Wirtschaftshilfe schmackhaft machen, anstatt immer nur sinnlos zu drohen.

  • HS
    Hari Seldon

    @rainer winters:

     

    Die syrische Regierung bekämpft die Ursache des Hungerns, die Terroristen. Die Bewohner in Yarmouk haben schon seit langem die Nase mit den fremdfinanzierten (und aus fremden Ländern) importierten Terroristen voll. Bis jetzt hat die syrische Armee immer einen freien Rückzug für die Terroristen gewährt. Hoffentlich nicht mehr.

  • RW
    Rainer Winters

    Wie kann solch eine Regierung an der Macht bleiben, die das Hungern auch nur eines Bürgers billigt?

     

    Die syrische Bevölkerung zahlt jetzt für zig Jahre des Stillhaltens und des Faust-in-der-Tasche-Habens.

     

    Hätten Sie doch mal gleich agiert, als Dinge im Staate Syrien falsch liefen ...

  • Die USA und die NATO lassen grüßen. Sie haben die Demokratie nach Syrien gebracht. Jetzt ist die Ukraine dran.

  • HS
    Hari Seldon

    Zum Yarmouk: Die Lebensmittelpakete von den Hilfsorganizationen werden durch die Rebellen (pardon, "Freiheitskämpfer") einfach gestohhlen, und die sonst kostenlose Pakete werdeen durch die Söldner gegen horrenden Preisen verkauft. Die syrische Armee vesucht diese Räuberbanden (pardon, "Freiheitskämpfer") eliminieren, und die TAZ huldigt solche Kriminellen.