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Syrien und IsraelDüstere Aussichten

Ein Eingreifen der USA in Syrien hätte womöglich böse Folgen für Israel. Israelische Politiker versuchen sich aus dem Geschehen in Syrien herauszuhalten.

Einkaufstour in Jerusalem: Der Umsatz mit Gasmasken ist sprunghaft nach oben gegangen. Bild: dpa

JERUSALEM taz | In Israel schnellt die Nachfrage nach Gasmasken in die Höhe: Dreimal mehr Menschen als gewöhnlich haben sich diese Woche bei den Postämtern gemeldet, um dort ihre veralteten Schutzmasken umzutauschen. Ihre Sorge gilt einem möglichen Vergeltungsakt Syriens gegen Israel als Verbündetem der USA, falls die Obama-Regierung einen Schlag gegen Damaskus beschließt.

Der Giftgasangriff in Syrien vergangene Woche hat in Jerusalem kaum jemanden überrascht. Israels militärischer Abwehrdienst Aman geht davon aus, dass es seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien schon mehrfach zu Giftgaseinsätzen gekommen ist. Israels größte Sorge: Die Chemiewaffen könnten in die Hände der extremistischen Hisbollah im Libanon geraten.

Die Regierung Benjamin Netanjahus hat wiederholt von einer „roten Linie“ gesprochen und mit Gegenmaßnahmen gedroht, falls diese überschritten werde. Mindestens dreimal flog Israels Luftwaffe in den vergangenen zweieinhalb Jahren Angriffe im syrischen Luftraum, um die Lieferung von Raketen zu stoppen, die sich offenbar auf dem Weg zur Hisbollah im Libanon befanden.

Offiziell hat sich die Führung in Jerusalem nie zu den Luftangriffen bekannt. Man wollte das syrische Regime nicht unnötig provozieren. Als Feind sehen die Israelis die Hisbollah und nicht das Regime in Damaskus, trotzdem warnte Israel die syrischen Streitkräfte vor Grenzverletzungen: Niemand solle des wagen, Israel herauszufordern, drohte der Minister für internationale Beziehungen, Juval Steinitz, mit Blick auf Damaskus.

In der Regel halten sich die israelischen Politiker auffallend mit Kommentaren gegen das Regime Assads zurück. Sie bleiben damit der Linie treu, die Israel seit Beginn des Bürgerkrieges verfolgt: sich so wenig wie möglich einzumischen.

Keine Ratschläge für die USA

Minister Steinitz betrachtet es zwar als „Aufgabe der Welt“, weitere Giftgasangriffe zu unterbinden, er will den USA aber „keine Ratschläge erteilen, wie sie vorzugehen haben“.

Seit Beginn der Unruhen in Syrien weigerte man sich in Israel, für eine der Seiten Partei zu ergreifen – zumal weder die syrische Regierung noch die Rebellen Israel wohlgesinnt sind. Überdies gibt es in Israels politischer Führung keine klare Haltung darüber, wen man sich letztendlich als Sieger der blutigen Kämpfe wünscht.

Alle Optionen erscheinen überwiegend düster – Hauptsache, weder die Hisbollah noch der Erzfeind Teheran werden zum Nutznießer des Bürgerkrieges.

Für die schiitische Hisbollah im Nachbarland Libanon wäre der Sturz Assads eine Katastrophe. Die Gruppierung hat bereits Hunderte Kämpfer zur Rückendeckung des Regimes nach Syrien geschickt. Sie braucht Assad, „um die Waffenlieferungen zu gewährleisten“, die Teheran via Syrien in den Libanon schickt. Das sagt Joram Schweizer, Antiterrorspezialist des Tel Aviver Instituts für Nationale Sicherheitsstudien. Auch der Iran ist mehrheitlich schiitisch. Beide würden es ungern erleben, „dass Syrien in sunnitische Hände fällt“.

Es blieb weitgehend ruhig an der Grenze

Nach Ansicht des Sicherheitsexperten Schweizer „könnten intensive israelische Angriffe al-Assad zum Sturz bringen“. Allerdings wird das nicht passieren: Auch wenn nie große Freundschaft zwischen Jerusalem und dem Hause Assad bestand, so hielt man sich über die vergangenen 40 Jahren an einen Modus Vivendi und achtete darauf, dass es fast immer ruhig blieb in der Grenzregion.

Inzwischen ist Syrien aber zum Anlaufpunkt für Tausende libanesische Salafisten und Anhänger des Dschihad geworden. Ein Vakuum an der Spitze würde den Extremisten erlauben, ihren Krieg gegen Israel auszufechten. Rund 1.000 Tonnen Chemiewaffen soll Syrien binnen kürzester Zeit verfügbar machen können. Kaum auszudenken, wenn diese in die Hände von Extremisten fielen.

Je länger der Bürgerkrieg währt, desto weniger wird Assad in der Lage sein, die Salafisten wieder aus seinem Land zu vertreiben. Es bleibt instabil, fürchtet der Sicherheitsexperte, „egal unter welcher Führung“.

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11 Kommentare

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  • AU
    Andreas Urstadt

    ps

     

    Why they hate us all

     

    Cos you didn t fight the native americans, you attacked the outlanders

     

    The native americans hate you anyway

  • AU
    Andreas Urstadt

    @ Toddi - hm, es ist natueich eine eigentlich leicht durchschaubare Wertefragmentierung. ABC Waffen bei Bedarf sich selbst zu erlauben. Wobei jeder Buchstabe de facto fuer den anderen steht. Das B und C ist im A immanent.

     

    Weiter liegt auf einer logischen Formel die Feldhacke und das Messer mit dabei, Pistolen, Kanonen usw.

     

    Israel ist still, weil es ganz dick mit in der Spirale haengt und UNO Beschluesse notorisch ignoriert. Der Golan ist syrisch.

     

    Es gibt unendliche doppelte Buchfuehrungen.

     

    Schlaechter sind immer die anderen. Mehrere Millionen tote Kinder seit 45 gehen direkt auf die Rechnung von US Kriegen und Attacken. Die eigene Opferzahl an Kindern liegt dabei bei unfassbaren 0.

     

    1 000 000 mal x : 0.

     

    Ergibt, die andern sind die Diktatoren und Schlaechter. Orwells 1984 wurde 1948 veroeffentlicht und alle warten bloede bis es passiert. Es ging laengst los.

  • B
    Beobachter

    Im Nahen Osten glaubt kaum einer an die "Unschuld vom Lande" Israel, sondern man vermutet (ist sich sicher), dass in diesem Bürgerkrieg und auch bei dem aktuellen Giftgaseinsatz der Staat Israel seine Finger im Spiel hat.

    Der Tenor dieses Artikels, dass Israel nur unschuldiger Beobachter sei, ist symptomatisch für das Schweigen im deutschen Blätterwald, wo keiner sich die Frage nach der Rolle "der einzigen Demokratie in Nahost" stellt.

     

    Man muss schon aus dem Tal der Ahnungslosen in Deutschland raus und ins angelsächsische Internet schauen, um einen Hinweis zu erhalten, wo die Marionettenfäden im Nebel hinlaufen.

     

    http://news.antiwar.com/2013/08/27/quietly-israel-drives-us-attack-on-syria/

     

    Die "Beweise", die die USA haben wollen, stammen aus israelischen Geheimdienstquellen, ein Schelm wer dabei Böses denkt.

     

    Und wer mich jetzt als "Israelfeind" und "Antisemiten" beschimpfen mag, nur zu.

     

    Ich war immer für die Zweistaatenlösung und das Existenzrecht Israels, aber wenn ich mir ansehe, wie dieser Staat agiert, dann kommen mir arge Zweifel, ob jemals seit Rabin ein echter Wunsch zum Frieden mit den arabischen Nachbarn da war.

     

    Wen es interessiert, der möge mal bei Google unter dem Stichwort "Oded Yinon plan" schauen und dann wird so einiger klarer, was da seit einiger Zeit im Nahen Osten abläuft.....

  • Z
    zombie1969

    Bedauerlich, dass ausgerechnet das friedliche und wirtschaftlich wie gesellschaftlich erfolgreiche Israel unter den aggressiven muslimischen Ländern weiter zu leiden hat.

    • F
      Freiheitsredner
      @zombie1969:

      Sorry,das "friedliche"Israel? Und was ist mit den Palästinensern ? Israel ist nur Reich weil es Weltweit Menschen ausbeutet, man schaue nur nach Indien in die Diamantschleifereien... mehr sage ich nicht, um nicht als Rechtsradikal hingestellt zu werden. Jeder kehre vor der eigenen Tür, dort hat Er genug Dreck dafür..

    • J
      Jehova
      @zombie1969:

      :-)

       

      Der war gut

       

      Wohl bei Volker Pispers in die Lehre gegangen.

    • G
      gast
      @zombie1969:

      "das friedliche und wirtschaftlich wie gesellschaftlich erfolgreiche Israel" … das kann nur ein witz sein ;)

  • Lesenswert, aber eben die Sichtweise, wie sich Israel gerne selbst darstellt. Neutral. Reine Selbstverteidigung. Und bedroht. Alle Nachbarnstaaten im Nahen Osten schätzen die Rolle Israels in diesem Konflikt anders ein. Wichtigste Stütze der CIA, die das Geld und die Logistik für die Kämpfer koordiniert, seit Jahren Fürsprecher von Vernichtungsschlägen, und gelegentlich selber bombend. Friedensfreunde stelle ich mir anders vor.

    Rolf Walther, Ohlstadt

  • M
    Mohammed

    Gleich kommen hier sicher wieder die typischen taz-Genossen und klagen Israel an. Weil es nichts tut. Weil es was tut. Oder einfach nur, weil es voller Juden ist.

  • T
    toddi

    Eine Bitte noch, lernt zählen!!! Der letzte Kommentar von mir beinhaltete, nach Open Office, genau 288 Wörter und 1918 Zeichen so wurde ich z T. gezwungen Belege meiner Behauptungen und zB. diesen Teil zu streichen" Denn ohne Frage könnte ein wirklich Freies, die Menschenrechte achtendes Israel als gleichberechtigte Heimat sämtlicher Religionen und Ethnien eine sehr positive Funktion bei der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Nahen Osten haben. Doch ein egoistischer Apartheidstaat in dem neben monoreligion nur das Geld regiert wird wohl nicht gleichberechtigt , die Würde Anderer achtend in Frieden mit seinen Nachbarn leben können." Mit der geringen Hoffnung das es nicht zum Krieg kommt und man endlich das gleichberechtigte Gespräch findet...

  • T
    toddi

    So ein Quatsch, Israel ist neben den sich nach ihrem Kolonialbesitz sehnenden GB und FR und den sich im Osmanischen Rausch befindenden Türken der Hauptgrund für die erst versteckte, jetzt offene Invasion in Syrien. Es hält widerrechtlich Territorium von Syrien besetzt und stiehlt das Wasser. Israel befindet sich in einem kalten Krieg mit Iran, der nach den Wünschen einiger möglichst schnell ein heißer folgen soll. Und Syrien hat das BC- Potential nur aufgebaut um Israel von weiteren Aggressionen abhalten zu können – als Atombombe des kleinen Mannes gewissermaßen. Von bestimmten Sekten, die zB.Teile der Regierung stellen, nach deren Überzeugung das „auserwählte Volk“ erst nach einem Armageddon entstehen kann mal ganz abgesehen. Diese Kräfte haben im Übrigen Rabin ungestraft ermordet. So gesehen sind für das direkte Eingreifen der USA hauptsächlich „Großisraelstrategen“ und ihre US- Lobby verantwortlich. Denn das Syrische Volk mit seinen bewaffneten Kräften ist auf besten Wege diese Invasion zu zerschlagen. Mit dem Ergebnis kann der Westen natürlich nicht zufrieden sein. Die Golanfrage wird nach den Angriffen Israels neu zu diskutieren sein genauso wie etwa die Souveränität Libanons (zB. über ihren Luftraum). Auch dürfte der Westen bei einem Wiederaufbau Syriens derzeit wenig partizipieren (mit Ausnahme von vielleicht Deutschland) Es ist schade daß eine große Anzahl von Israelis sich nicht endlich von diesen theokrat-faschistischen Kräften emanzipieren können und so als mitleidende bzw. Geiseln ihren Kopf hinhalten müssen. Und auch dieses, die großfressigen Franzosen und Briten, selbst die Osmanen hätten Syrien nie direkt Angreifen können ohne sich militärisch und diplomatisch eine „blutige“ Nase zu holen, dies wird erst möglich (???) durch das Engagement der US Hardliner a la MC Cain, der dortigen jüdischen Lobby, den Dirty Tricks der Geheimdienste - für die „Sicherheit“ Israels ...