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Symbol nach der Belagerung von SarajevoDie Seilbahn, die verbindet

Als 1992 der Krieg beginnt, kappen sie die Seilbahn. 1.425 Tage dauert die Belagerung von Sarajevo. 26 Jahre dauert es, bis auch die Seilbahn wieder fährt.

Probefahrt auf Sarajevos Hausberg Trebević hinauf Foto: Henning Kober

Sarajevo taz | Auf der Stadt liegt Ende März noch der Winter. Schneeweiß sind die Flächen, erst gestern hat es aufgehört zu schneien. Schwer fühlt sich die Luft an und sie riecht nach Heizung, nach Holz und nach Kohle. Der alte grüne Gelenkbus fährt an einer Oberleitung, von Dobrinja, dem Viertel neben dem Flughafen, in die Innenstadt. Die Linie 103 ist vollgetaggt, schwarze Edding-Schrift überzieht konsequent das graue Innere. Ihre Passagiere sind auffallend hübsch, Jungs wie Mädchen. Es ist Samstagabend und fast alle tragen sie Schwarz und in den Ohren weiße Kopfhörer. Noch sind es 13 Tage bis zur Eröffnung.

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Der deutsche HipHop von Miami Yacine dröhnt aus den Boxen eines Audi, ein Parkplatz über dem Stadtteil Bistrik. Die jungen Gangster trinken Sekt, sie wippen mit gebeugten Knien und ausladenden Gesten und sie filmen sich für Insta und für Snap. Es ist Sonntag und die Sonne scheint. Auf der gegenüberliegenden Talseite streckt sich den Hang hinauf der Friedhof von Kovači, ein weites Feld weißer Grabstelen. Dort liegen die Opfer des Krieges, Tausende Zivilisten allein in Sarajevo, der eingekesselten Stadt.

Seitlich über den Parkplatz sind zwei Seile gespannt, sie liegen auf einem metallisch neu glänzenden Mast und führen hinunter zu einer Talstation, die sich im Bau befindet. Von oben kommt eine erste Gondel gefahren, beladen mit blauen Tonnen, Probebetrieb. 26 Jahre nach ihrer Zerstörung fährt wieder eine Seilbahn auf den Trebević. Warum sie für die Stadt so wichtig ist? Noch zwölf Tage bis zur Eröffnung.

Es ist nun Montag, eine neue Arbeitswoche beginnt und noch einmal ist der Winter zurück. „Vielleicht bin ich zu verwickelt in diese Geschichte“, sagt Dejan Gavrić. Der 36-jährige Bauingenieur sitzt am Steuer seines weißen Datsun-Geländewagens und fährt auf den Berg. Zwischen Tannen und Kiefern steht dichter Nebel. Die R446 führt weiter Richtung Pale, aber Gavrić biegt in einen schmalen Weg ein. Er arbeitet für das Ipsa-Institut, eine große bosnische Planungsfirma, und er ist der verantwortliche Bauleiter für die neue Seilbahn auf den Hausberg südlich von Sarajevo. Er sagt: „Alle, die wir an diesem Projekt arbeiten, sind stolz“.

Gavrić ist in Sarajevo aufgewachsen. Mit seinem Großvater ist er als Kind in einer der alten, kleinen Gondeln auf den Berg gefahren. „Sieben Jahre alt war ich da.“ Seit mehr als sieben Jahren arbeitet er an dem Projekt einer neuen Kabinenbahn mit. Es war nicht leicht, im Gegenteil. Das Land zu verlassen und wie so viele andere zum Arbeiten nach Deutschland zu gehen sei für ihn nicht in Frage gekommen.

Elf Tage bis zur Einweihung

Der Weg führt unter der olympischen Bobbahn hindurch, einst berühmt als die steilste und schnellste Bahn der Welt, ist sie heute eine wegen ihrer Graffiti international geschätzte Ruine.

2011 war Dejan Gavrić in der Schweiz, in Grächen im Wallis, und half, die alte Hannigalpbahn abzubauen, die der Mäzen Edmond Offermann seinerzeit Sarajevo schenken wollte. Mit Tiefladern der Schweizer Armee wurde die Seilbahn nach Bosnien transportiert. Zum Aufbau aber kam es nie. Stattdessen wird nun eine neue Bahn des italienischen Herstellers Leitner installiert. Wenn Plan A nicht zu verwirklichen sei, müssen man sich Plan B zuwenden, habe ihm Offermann Anfang 2016 erklärt, erinnert sich Gavrić, diese Haltung hat ihn beeindruckt. Er parkt den Wagen nahe der Bergstation und steckt sich ein Bronhi in den Mund. Im Dezember hat er aufgehört zu rauchen, die Karamellbonbons helfen. Er klemmt sich eine schwarze Planungsmappe unter den Arm und geht in seinen Arbeitsschuhen über den matschigen lehmbraunen Boden zu der Baustelle, die auf den ersten Blick nicht weit über den Rohbau hinaus ist. Noch sind es elf Tage bis zur Einweihung. „Verschieben geht nicht mehr, es sind zu viele wichtige Leute eingeladen,“ sagt Dejan Gavrić: „March or die.“

„Wir können auch Deutsch sprechen“, bietet Edmond Offermann in seinem Hotelzimmer an, als die Videoverbindung nach Boston steht. Der 58-jährige Kernphysiker wurde in den Niederlanden geboren, er hat an der Universität in Mainz gearbeitet und später in den USA. In Illinois lernte er seine Frau kennen, sie ist ebenfalls Kernphysikerin. Er nennt sie Maja, aber ihr richtiger Name ist Amra Serdarevic, sie kommt aus Sarajevo. Mit ihr fährt er im Frühjahr 1991 in der Gondelbahn zum ersten Mal auf den Trebević. „Das war super, aus dem Kessel raus und oben alles unverbaut, der Blick wird weit“, sagt Offermann, „aber es war das erste und das letzte Mal.“ 1992 bricht der Krieg aus und die Bahn wird zerstört. 1.425 Tage dauert die Belagerung von Sarajevo. Am Ende steht der Frieden von Dayton, der Bosnien und Herzegowina in zwei fast gleich große Entitäten teilt, die Föderation und die Republik Srpska.

Ich setze auf die symbolische Bedeutung, die die Seilbahn für die Stadt haben wird

Edmond Offermann, Mäzen

1998 kommt Edmond Offermann zum ersten Mal wieder zurück, auf dem Trebević spaziert er entlang der verlassenen Frontstellungen. Schon da nimmt er sich vor, sich für den Wiederaufbau der Seilbahn einzusetzen. „Allerdings hatte ich damals weder die Mittel noch die Kontakte.“ Das wird sich in den folgenden Jahren ändern. Offermann lässt die Universität hinter sich und wird mit Hedgefonds reich. Er fährt gerne Ski und er kauft eine Beteiligung an den Bergbahnen von Saas-Fee, der Nachbargemeinde von Grächen im Wallis. So kam es zu Plan A. Danach wurde es schwierig.

Sarajevo war Krieg

Politik ist eine komplizierte Angelegenheit in einem Land, das nun vier Verwaltungsebenen hat und diese auch noch doppelt. „Irgendwann habe ich es nicht mehr genau verstanden“ sagt Offermann. Aber er gibt nicht auf und so kommt es zu Plan B. Knapp vier Millionen US-Dollar spendet Offermann zusammen mit seiner Frau für die neue Bahn. Was er sich davon erhofft? Offermann rückt an seiner Hornbrille. Er setzt auf „die symbolische Bedeutung, die die Seilbahn für die Stadt haben wird, weil sie das Unten wieder mit dem Oben verbindet.“

Während der Belagerung hatten die Serben die Stadt von der Außenwelt abgeschnitten. Von oben kam der Tod über die Stadt unten im Tal. Jeder, der sich an die 1990er Jahre erinnern kann, erinnert sich an die Bilder. Sarajevo war Krieg in der Stadt, Krieg in Europa, ganz nah, brutal, eine wahr gewordene Dystopie, 80 Flugminuten von München entfernt.

Dienstag, die Sonne scheint, es taut. Bis zur Eröffnung bleiben noch zehn Tage. Dejan Gavrić steht auf der zukünftigen Terrasse der Bergstation. Erschreckend nah liegt Sarajevo im Tal. Vidikovac, der Aussichtspunkt, heißt der Hügel in 1.160 Meter Höhe. Im Rücken ragt der bewaldete Gipfel des Trebević mit einem Fernsehturm an der Spitze auf, 1.627 Meter, er gehört zum Gebiet der Republika Srpska. Die Seilbahn steht komplett auf Land der Föderation, bei Strom und Wasser für die Bergstation gibt es eine Vereinbarung mit der anderen Entität.

Von hier oben sieht die Stadt, in der vor dem Krieg 100.000 Menschen mehr als heute lebten, wie ein Mensch aus. Baršcaršija, die Altstadt als Kopf; in der Mitte, wie zwei Arme breiter werdend, das Hochhausviertel Grbavica und auf der anderen Seite Koševo mit dem Olympiastadion. Darunter die Beine, sich aneinander reihende Neubauviertel entlang dem Fluss Miljacka, bis zum Flughafen in Dobrinja, der als Fuß gelten mag.

Die Bergbahn nach dem Krieg

„Die Front verlief zwischen den Stützen 7 und 8“, erklärt Dejan Gavrić und zeigt die Seilbahntrasse hinunter. Schützengräben waren dort ausgehoben, Artilleriestellungen eingerichtet, weiter links in die Bobbahn hatten die Serben Schießscharten gemeißelt. Und hier? „Die Bergstation war ein Snipernest.“ Von hier zielten Scharfschützen auf Straßenbahnen, auf Krankenwagen, auf Fahrradfahrer, auf Frauen und Kinder, auf alles, was sich bewegte. Gavrić kneift die Augen zusammen und wickelt ein Bronhi aus dem schwarzen Papier. Nach dem Krieg war von der alten Bahn nicht mehr viel übrig. Metallräuber hatten die Masten verschwinden lassen, die Schneise war zugewachsen. „35 Bäume mussten jetzt gefällt werden“, sagt Gavrić und findet das eine zufriedenstellende Bilanz für ein Land, in dem Umweltschutz noch kaum eine Rolle spielt. Zwei Minen haben sie dabei gefunden.

In der Bergstation betonieren Arbeiter an einer Treppe, andere schneiden Natursteinplatten zu und montieren sie an den Wänden. Während an dem Gebäude noch viel zu tun bleibt, ist die Seilbahn fast einsatzbereit. „Ohne Andi wären wir nie so weit“, sagt Gravić, „er ist der Beste.“ Andreas Seebacher ist ein groß gewachsener Südtiroler, aufgewachsen auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf nördlich von Bozen. Er ist erst 28 Jahre alt, aber er arbeitet bereits seit elf Jahren für die Firma Leitner aus Sterzing. Zusammen mit Doppelmayr aus Vorarlberg teilen sich die beiden Unternehmen den Weltmarkt auf und der hat sich in den letzten Jahren, seitdem bekannt wurde, dass sich mit Gondeln nicht nur Wintersportler auf Berge befördern lassen, deutlich vergrößert. Seebacher hat Bahnen in Ankara, in Cali und in Hongkong montiert. „Diese Jobs geben sie gern den Ungebundenen“, sagt er und lacht.

Seit Oktober ist er in Sarajevo und leitet den Aufbau. Talstation auf 583 Meter Höhe, 577 Meter Höhenunterschied zur Bergstation, etwas mehr als zwei Kilometer lang, zehn Masten. Sie stehen an denselben Stellen wie die Stützen der 1959 von einem tschechischen Anbieter montierten Gondelbahn. „Im Winter zu bauen, ist natürlich nicht ideal“, sagt Seebacher, es hatte Verzögerungen gegeben, weil Grundstücke von der einen städtischen Gesellschaft zur anderen übertragen werden mussten.

Im Januar schließlich konnte das Seil gespannt werden. „Das ist die kritischste Aufgabe“, so Seebacher. Zuerst wird von Hand eine Schnur gezogen, aus dem Tal hinauf, auch mit Hilfe einer Drohne. Danach wird diese durch ein stabileres Seil ersetzt, mehrmals, bis schließlich das endgültige Stahlseil auf die Rollen gezogen und gespleißt wird, das heißt, die Metallfasern beider Enden werden so miteinander verdreht, dass sie nicht reißen können. 1992, zu Beginn der Belagerung, war das Seil im Tal getrennt worden, aus Angst vor Bomben, die von den Serben heruntergeschickt werden könnten. Es gibt Geschichten von einem Pferd, das von dem stürzenden Seil in zwei Hälften geteilt wird. Das abstürzende Gegengewicht in der Talstation durchschlägt den Boden. Beim Abriss der Talstation haben sie es wiederentdeckt, erzählt Gravić.

33 neue Gondeln

Der Betonblock war zu groß, um ihn zu beseitigen, er ist jetzt Teil des Fundaments der neuen Station. Ein Gutachter aus Österreich soll heute den korrekten Aufbau der neuen Bahn prüfen und bestätigen. „Danach ist die Bahn im Prinzip einsatzbereit“, sagt Andreas Seebacher. 33 neue Gondeln, Model Diamond, in die je zehn Personen passen, können dann bis zu 1.200 Personen pro Stunde in jede Richtung transportieren.

Mittwoch. Noch neun Tage bis zur Eröffnung. Der Bremstest gestern ist gut verlaufen, an der Talstation werden die blauen Fässer aus den Kabinen geladen und der Journalist aus Berlin darf eine Testfahrt unternehmen. Die Tür schließt sich und die Gondel in Diamantform wird nach ihrer langsamen Fahrt durch die Station wieder zurück an das Zugseil geklemmt und beschleunigt, ratternd unter den Rollen der ersten Stütze, aus der Station hinaus und in die Höhe. Sofort ergibt sich ein Panorama, über die eng stehenden Häuser und Gassen hinweg, im Blick: Die Nathan-der-Weise-Stadt mit ihren Minaretten, Kirchtürmen, Synagogen. Wieder strahlt die Sonne vom blauen Himmel, der Schnee ist nun geschmolzen. In der Ferne die Zwillingstürme der World Trade Towers, im Krieg ausgebrannt, heute neu verglast und zurück in der Geschäftswelt. Sichtbar auch das Hotel Holiday, vormals Holiday Inn, wo die Diplomaten und Kriegsberichter wohnten. Dazu gekommen sind die neuen Shoppingmalls, gelandet wie fremde Flugobjekte aus den Golfstaaten, in denen es keinen Alkohol gibt. 7 Minuten und 15 Sekunden dauert die Fahrt zur Bergstation.

Dejan Gavrić ist heute frisch rasiert. Er hat am Morgen an der Universität Studenten unterrichtet und ist dann zur Bergstation heraufgefahren. Dobar dan! Guten Tag! In dem kleinen Raum, von dem aus die Seilbahn gesteuert wird, ist es voll. Der Gutachter im blauen Arbeitsanzug, Mark Löhr aus Kaprun in Österreich, ist mit seinen Tests fast fertig. Die Stimmung ist gelöst. Andreas Seebacher und seine zwei Kollegen von Leitner sind da und auch ein halbes Dutzend Bosnier in grauen Jacken, auf die „Sarajevska Žičara“ gedruckt ist. Sie werden die Bahn in Zukunft bedienen.

Das Gespräch kommt auf Ramo Biber. Am 2. März 1992 tat er zusammen mit Abdulah Rizvanović im Kontrollraum der alten Bahn seinen Dienst. Gegen 14 Uhr umstellten ein Dutzend Bewaffnete in weißen Tarnuniformen die Bergstation. Biber und Rizvanović entkamen zunächst durch die Einfahrt. Sie rannten bergab und Rizvanović gelang die Flucht in den Wald, Ramo Biber nicht. Am nächsten Tag wird sein Körper oberhalb von Mast 8 geborgen. Er wurde 41 Jahre alt.

Die Bergstation Ramo Biber

Auf YouTube findet sich ein schwer anzuschauendes Video davon, sie ziehen den Toten auf einer Bahre den Hang hinauf. Es liegt tiefer Schnee, die Sonne scheint. Es ist der Tag, an dem der Krieg noch deutlicher zur Gewissheit wurde. Seine Mörder sind bis heute nicht identifiziert. Am Tag vor seinem Tod, einem Sonntag, hatte nach einer Volksabstimmung, die von den bosnischen Serben boykottiert wurde, Bosnien und Herzegowina seine Unabhängigkeit erklärt.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Inzwischen hat der Rat der Stadt Sarajevo entschieden, die Bergstation nach Ramo Biber zu benennen. Viele lokale Zeitungen schreiben: „Er war das erste Opfer des Krieges.“ Dabei gibt es auffällig viele erste Opfer dieses Krieges. Die Frage ist hoch politisch und sie verstellt den Blick auf das Wesentliche: Ramo Biber wurde unschuldig bei Ausübung seiner Arbeit getötet.

Spät an diesem Abend spricht Dejan Gavrić doch noch von seiner Mutter. Sie wurde nur 46 Jahre alt, ein Scharfschütze erschoss sie eines Morgens vom Trebević aus. „Das ist lange her.“ Er will ihren Tod nicht in den Mittelpunkt stellen. „Wichtig ist, dass die Seilbahn wieder fährt“, sagt er.

Donnerstagmorgen. Noch acht Tage bis zur Einweihung. Die neue Bahn soll am Tag der Stadt eröffnet werden, den feiert Sarajevo am 6. April. Es ist der Tag der Befreiung von der deutschen Besatzungsmacht 1945. Edmond Offermann und seine Frau Maja werden zum ersten Mal seit 27 Jahren wieder mit der Seilbahn auf den Trebević fahren. In der ersten Kabine sollen Bürger von Sarajevo sitzen, wünscht sich Offermann, in der zweiten Abdullah Saka, der junge Bürgermeister von Sarajevo, der sich sehr für den Bau eingesetzt hat; und er soll zusammen mit seinem Kollegen aus Ostsarajevo hinauffahren, das zur Republika Srpska gehört.

Die Zukunft

Von dem Platz vor dem Rathaus aus sieht man heute bis zur Bergstation. Dejan Gavrić ärgert sich und packt ein Bronhi aus, seit gestern verbreitern Arbeiter die Schneise durch den Wald. Offensichtlich haben sich die Befürworter einer Skiabfahrt durchgesetzt. Er ist von gestern Abend noch etwas verkatert und müde, er hat seinen Sohn schon früh in den Kindergarten gebracht.

Der Morgen, an dem seine Mutter stirbt, war ein sonniger Morgen, ein Tag wie heute. Seine Mutter sitzt in einem Restaurant nahe des Präsidentenpalasts. „Sniper Breakfast nannten sie das.“ Die Kugel durchschlägt ihren Kopf. Sie liegt noch fünf Tage im Koma, bevor sie sterben darf. Ihr Mörder ist unbekannt. Dejan Garvić sagt, ihm reiche, dass die Befehlenden verurteilt sind. Mladić, Karadžiç, Den Haag. „Dieser verdammte Krieg ist seit mehr als 20 Jahren vorbei. Wir müssen in die Zukunft schauen“, sagt er.

Aber etwas soll sich doch ändern. „Es gibt zu viel Religion in diesem Land.“ Er, der Christ, der mit einer Muslimin verheiratet ist, hat seinen Sohn nicht taufen lassen.

Henning Kober, 36, erinnert sich an die Belagerung von Sarajevo, den ersten Krieg, den er täglich in der „Tagesschau“ verfolgt hatte.

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