Sylvia Sonnemann Der Miethai: Wenig Mieterschutz im Koalitionsvertrag
Laut Koalitionsvertrag soll die Mietpreisbremse verschärft werden, indem Vermieter*innen bei Anmietung die Höhe der Vormiete nennen müssen. Mehr als einen pädagogischen Effekt wird das aber nicht haben, wenn Verstöße – wie vorgesehen – weiterhin straflos bleiben. Auch bleibt der ganze Reigen an Ausnahmen und Einschränkungen von der Geltung der Mietpreisbremse erhalten: Bei Neubauwohnungen, bei überhöhter Vormiete und bei umfassender Modernisierung soll die Mietpreisbremse weiterhin nicht gelten.
Laut Groko sollen Mieterhöhungen wegen Modernisierung in den Gebieten mit geltender herabgesetzter Kappungsgrenze – hierzu gehört Hamburg – gedeckelt werden. So sollen acht statt bisher elf Prozent der Modernisierungskosten umgelegt werden können. In zwölf Jahren haben die Mieterinnen folglich die gesamte Maßnahmen bezahlt, der Wert der Immobilie ist gestiegen und die hohe Miete bleibt. Auch die geplante Deckelung der Erhöhung auf höchstens drei Euro pro Quadratmeter dürfte für viele Mieter*innen zu teuer sein. Ein Beispiel: Eine 70 m² große Wohnung, die bislang knapp 500 € kostet, kann sich nach einer Wärmedämmung auf 700 Euro verteuern, also um mehr als 40 Prozent. Eine Verhältnismäßigkeit von Energieersparnis und Mieterhöhung sieht der Koalitionsvertrag nicht vor. Das heißt, selbst wenn die Ersparnis eines Mieters im vorgenannten Beispiel nur 20 € monatlich beträgt, muss die Erhöhung um 210 € gezahlt werden.
Schließlich finden sich auch gegen die Bodenspekulation im Koalitionspapier keine Ideen, denn weder soll die Privatisierung öffentlicher Grundstücke beendet werden noch wurden die Vorschläge von Mieterverbänden zur neuen Wohnungsgemeinnützigkeit aufgegriffen.
Die drängenden Probleme auf den Wohnungsmärkten in Ballungszentren will die Neuauflage der Großen Koalition offenbar auch diesmal nicht angehen.
Sylvia Sonnemann ist Juristin beim Verein Mieter helfen Mietern, Bartelsstraße 30, Hamburg, ☎040/431 39 40, www.mhmhamburg.de
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