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Svenja Bergt über Sammelklagen gegen UnternehmenUngemütlich ist gut

Sammelklagen gleichen das Kräfteverhältnis von Unternehmen und Verbrauchern etwas aus

Was für eine gruselige Vorstellung für Unternehmen: Verbraucher, die sich zusammenschließen, um gemeinsam vor Gericht zu ziehen. Die nicht mehr mühselig einen eigenen Prozess anstrengen müssen, auf eine Musterklage von Verbraucherzentralen hoffen oder über waghalsige Stiftungsmodelle im Ausland eine Sammelklage konstruieren. Ungemütlich und teuer könnte es werden für Hersteller von defekten oder gefährlichen Produkten, sollte ein Sammelklagerecht tatsächlich bald kommen. Und das wäre gut.

Eine Sammelklage ist ein außerordentlich wirksames Instrument. Nicht nur, weil eine große Zahl von Betroffenen hohe Schadenersatzsummen erstreiten kann, sondern auch, weil sie es Menschen ermöglicht, den Klageweg zu beschreiten, die selbst nicht die finanziellen Mittel haben.

So trägt die Sammelklage dazu bei, das Kräfteverhältnis von Unternehmen und Verbrauchern etwas auszugleichen. Wie dieses Kräfteverhältnis normalerweise aussieht, weiß jeder, der etwa schon mal versucht hat, gegen eine Fluggesellschaft vorzugehen, die kurzfristig einen Flug verlegte. Da kann sich auserwählt fühlen, wer auf seine Beschwerde überhaupt eine Antwort bekommt.

Nicht, dass Sammelklagen das Potenzial hätten, künftig für pünktliche Flüge zu sorgen. Aber für ein grundsätzliches Bewusstsein dafür, dass Kunden nicht nur die Leute sind, die ihr Geld dalassen, sondern auch Menschen mit Rechten. Wenn die Bundesregierung die Einführung eines solchen Instruments nun auf Wiedervorlage nach der Bundestagswahl setzt, zeigt das sehr eindeutig, wo sie steht in Sachen Verbraucherschutz.

Alle, die Angst haben, dass Sammelklagen dem Wirtschaftsstandort schaden, dürfen ihren Puls übrigens wieder beruhigen: Eine lange Tradition von Sammelklagen haben schließlich die USA. Dass Apple oder Starbucks deshalb einen Umzug nach Europa erwägen, ist bislang nicht bekannt.

Wirtschaft + Umwelt

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