Sven Hansen über die Folgen des Anschlags in Pakistan: Machtkampf mit Terrorkalkül
Terroranschläge gehören in Pakistan leider seit Jahren zum Alltag. Das liegt auch an der zynischen Politik des übermächtigen Militärs. Die Generäle reden der Bevölkerung seit Langem ein, dass es gute und schlechte Extremisten gibt. Die guten gelten ihnen als „Freiheitskämpfer“, und mit ihnen macht Pakistan – mit terroristischen Mitteln – in Afghanistan und im indischen Teil Kaschmirs Politik. Das diese Unterscheidung ein Irrglaube ist, ist schon daran abzulesen, dass der Terror längst auch auf Pakistan selbst zurückfällt. Auch viele Militärs und Polizisten mussten das – wie auch jetzt wieder – mit ihrem Leben bezahlen.
Nachdem im Dezember 2014 mutmaßliche pakistanische Taliban bei einem Massaker an einer Schule 130 Kinder töteten, konnte das Militär das Problem nicht länger kleinreden. Nach der darauf gefolgten Armeeoffensive ging die Zahl der Anschläge auch eine Weile zurück. In diesem Jahr hat es in Pakistan aber schon wieder fünf große Terrorangriffe gegeben.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Anschläge vor dem Hintergrund eines Machtkampfs zwischen der zivilen Regierung von Nawaz Sharif und dem von General Raheel Sharif geführten Militär stattfinden. Die beiden Sharifs sind nicht verwandt. General Sharif müsste eigentlich Ende November in den Ruhestand gehen. Das würde Premierminister Sharif stärken. Doch der Terroranschlag von Quetta setzt die Regierung unter Druck, ihn im Amt zu lassen. Denn wäre es nicht verantwortungslos, bei akuter Terrorgefahr ausgerechnet den obersten Militär auszuwechseln?
Premier Sharif ist schon wegen der „Panama Papers“ belastet. Das Militär hat zudem mit Aggressionen in Kaschmir Sharifs Annäherung an Indien und damit Pakistans wirtschaftliche Erholung hintertrieben. Es gibt keine Beweise, dass das Militär hinter dem Angriff in Quetta steckt. Aber es gibt zu denken, dass General Sharif gestärkt und Premier Sharif geschwächt aus dem Blutbad hervorgehen wird.
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