: Suweida bleibt unruhig
Die Region wird wieder von bewaffneten Drusen kontrolliert, die Waffenruhe ist fragil
Von Lisa Schneider
In Syrien beginnt die Aufarbeitung der blutigen Auseinandersetzungen in Suweida. Vor wenigen Tagen ernannte das Justizministerium ein Komitee, das die Vorfälle innerhalb der kommenden drei Monate untersuchen soll. Besetzt ist es mit vier Richtern, zwei Anwälten und einem Ex-Minister.
Derweil bleibt die politische Lage kompliziert: Mitte Juli waren in Suweida Kämpfe ausgebrochen, zunächst zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen. Dann entsandte die Zentralregierung Truppen, die die Kämpfe beruhigen sollten und stattdessen in den Konflikt einstiegen – auf Seite der Beduinen. Daraufhin begann Israel mit Luftangriffen gegen die Regierungstruppen zum angeblichen Schutz der Drusen. Nach etwa einer Woche der Kämpfe wurde schließlich ein fragiler Waffenstillstand verhandelt.
Demnach haben sich die Regierungstruppen aus der Stadt Suweida und großen Teilen des gleichnamigen Gouvernorats zurückgezogen. Israel hat seine Angriffe eingestellt. Das Gebiet kontrollieren nun wieder bewaffnete Drusen. So war es bereits vor den Kämpfen Mitte Juli, seit dem Sturz der Diktatur von Baschar al-Assad am 8. Dezember 2024 durch den derzeitigen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa.
Vor drei Tagen gab es nach Bericht lokaler Journalisten dennoch erneut Kämpfe: So erlangten drusische Milizionäre im Gefecht die Kontrolle über Tell Hadid, eine strategisch wichtige Höhe nahe der Stadt Suweida. Von dort ist die ganze Stadt zu überblicken. Nach lokalen Angaben ist es der größte Vorstoß der drusischen Kämpfer seit Beginn der sogenannten Waffenruhe.
Obwohl sie keine Kontrolle auf dem Boden hat, hat die syrische Zentralregierung jüngst wieder begonnen, Gehälter für Staatsbedienstete in Suweida zu bezahlen, die zuvor ausgesetzt waren. Nach Angabe des Finanzministeriums wurden diese allerdings teilweise geplündert.
Die Aversion vieler Drusen gegenüber den Regierungstruppen ist nach deren brutalem Vorgehen im Juli – dazu gehörten etwa außergerichtliche Exekutionen drusischer Zivilisten – verständlich. Dennoch ergeben sich daraus Sicherheitslücken. Nach Angaben des Analysten und Syrien-Experten Charles Lister habe der Schmuggel von Drogen aus dem Gouvernorat Suweida über die Grenze zu Jordanien jüngst deutlich zugenommen.
Mit Suweida gibt es weiterhin vier Gebiete in Syrien, über die die Zentralregierung keine Sicherheitskontrolle ausübt: Die kurdische SDF kontrolliert im Nordosten Teile des Landes, die Türkei und türkeinahe Milizen zwei Landstriche im Norden an der Grenze und Israel die gesamten Golanhöhen.
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