Südsudans Nachbarn mischen sich ein: 120.000 Bürgerkriegsflüchtlinge
Die Zahl der Flüchtlinge in Südsudan steigt weiter. Derweil fordern die Nachbarn Friedensgespräche. Wenn die Kämpfe nicht bald enden, würden „weitere Maßnahmen“ erwogen.
JUBA/NAIROBI ap/dpa Noch vor Jahresende sollen die Friedensgespräche zwischen der südsudanesischen Regierung und ihren Gegnern beginnen. Das fordern die Staatschefs der regionalen Organisation nordostafrikanischer Länder Igad in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung nach einem Gipfel in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.
Ein gewaltsamer Regierungswechsel werde abgelehnt. Die Vereinten Nationen teilten mit, dass knapp zwei Wochen nach Ausbruch der Unruhen im Südsudan bereits 120.000 Menschen auf der Flucht seien. Etwa die Hälfte von ihnen hätten Schutz in UN-Anwesen gesucht.
„Die Gewalt im Südsudan muss sofort beendet werden“, sagte Kenias Präsident Uhuru Kenyatta nach Angaben seines Sprechers auf dem Gipfel. „Die Regierung Südsudans muss die Sicherheit aller seiner Bürger garantieren.“ In Nairobi berieten Staats-und Regierungschefs aus Kenia, Uganda, Äthiopien, Somalia and Dschibuti mit hochrangigen Vertretern aus dem Südsudan und dem Sudan über Auswege aus dem Konflikt, in dem seit Mitte Dezember schon Hunderte Menschen gestorben sind und Tausende vertrieben wurden.
Sollten die Kämpfe im Südsudan nicht in den kommenden vier Tagen beendet werden, würden die Nachbarn weitere Maßnahmen in Erwägung ziehen, sagte Äthiopiens Außenminister Tedros Abodon am Ende des Treffens in Nairobi. Einzelheiten möglicher Aktionen nannte er nicht.
Der Präsident Südsudans, Salva Kiir, und seinen ehemaligen Vize und heutigen Hauptwidersacher Riek Machar wurden aufgefordert, sich noch vor Jahresende an den Verhandlungstisch zu begeben. Keinesfalls würde ein Militärputsch gegen die amtierende Regierung in Juba hingenommen, hieß es.
Am Vortag war Kiir in der Hauptstadt Juba mit seinem kenianischen Amtskollegen Kenyatta sowie dem äthiopischen Regierungschef Hailemariam Desalegn zusammengekommen. Der inzwischen untergetauchte, entlassene Vizepräsident Machar hatte allerdings nicht teilgenommen.
Dinka gegen Nuer
Machars Rebellentruppen hatten Mitte Dezember den Konflikt entfacht, als sie ölreiche Regionen des Südsudans besetzten. Kiir hatte im Juli die Regierung aufgelöst und seinen Stellvertreter Machar entlassen, dem er Umsturzversuche vorwirft. Machar wirft Kiir wiederum diktatorische Tendenzen vor und fordert seinen Rücktritt. Beide gehören verschiedenen Volksgruppen an: den Dinka und den Nuer. Ihre Animositäten gehen mehr als zwei Jahrzehnte zurück, als beide rivalisierenden Rebellengruppen angehörten.
Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier rief die Konfliktparteien zu einer Einigung auf. „Das Morden muss ein Ende haben“, erklärte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Keine der beiden Seiten dürfe sich den Vermittlungsbemühungen der afrikanischen Nachbarn entziehen: „Jetzt tragen die Politiker des Südsudan gemeinsam die Verantwortung dafür, dass ihr junger, unabhängiger Staat nicht in Chaos und Elend versinkt.“ Der Südsudan ist seit Juli 2011 unabhängig vom Sudan.
Seit Beginn der Kämpfe im Südsudan vor zwei Wochen sind nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) mindestens 120.000 Menschen auf der Flucht. Die wirkliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da die Hilfsorganisationen nur sehr schwer an Informationen herankämen, teilte das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) am Freitag in Genf mit.
Rund 63.000 Menschen hätten Zuflucht bei den UN-Stützpunkten in mehreren Städten gefunden. Allein 25.000 befänden sich in der Hauptstadt Juba unter dem Schutz der UN. Die Verteilung von Hilfsgütern sei wegen der höchst unsicheren Lage schwierig. Es gebe Hinweise, dass einzelne Depots mit Hilfsgütern geplündert worden seien, so das OCHA.
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