Südafrikas Bergbauindustrie: Unterirdische Debatte

Die Jugendliga des ANC fordert eine Verstaatlichung der Bergbauindustrie in Südafrika. Unternehmen und Gewerkschaften fürchten Arbeitsplätze und Investoren.

Der Bergbau in Südafrika beschäftigt immerhin eine halbe Million Menschen. Bild: dpa

JOHANNESBURG taz | Öffentlich lehnt Südafrikas Präsident Jacob Zuma eine Verstaatlichung des Bergbaus ab. Aber jetzt hat seine Regierung ein Untersuchungsteam beauftragt, mögliche Modelle für eine Beteiligung des Staates im Bergbaugeschäft zu suchen. Die Ergebnisse der Studie sollen zwar erst beim Parteitag 2012 des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) diskutiert werden. Allerdings sorgt die Debatte um eine staatliche Intervention in Südafrikas Mineralienschatz schon jetzt für Zündstoff.

Seit Monaten fordert der radikale ANC-Jugendliga-Präsident Julius Malema bei jeder Gelegenheit mit feurigen Reden, die Menschen in Südafrika sollten den Reichtum des Landes teilen und alle Abbaurechte an Bodenschätzen sollten an eine staatliche Firma überschrieben werden. Eine solche Firma solle sich in privaten Partnerschaften engagieren, aber der Staat müsse daran ein Minimum von 60 Prozent Anteilen besitzen. Die Nationalisierung sei schon auf der Tagesordnung des ANC, behauptet Malema. Die ANC-Jugendliga fordert, dass die geplante Untersuchung einer möglichen Verstaatlichung von ANC-Mitgliedern durchgeführt und auch andere Sektoren zusätzlich zum Bergbau behandeln soll. Bisher ist geplant, dass die Untersuchung in den Händen unabhängiger Experten liegt.

Malema, das Enfant terrible des ANC, hat es geschafft, Verstaatlichung auf die politische Tagesordnung zu setzen und Investoren abzuschrecken, die Südafrika dringend braucht. Das glaubt jedenfalls Senzeni Zokwana, Präsident der Bergarbeitergewerkschaft NUM (National Union of Mineworkers), der größten Arbeitervertretung im Land. Außerdem erwecke der ständige Ruf nach Verstaatlichung den Eindruck, dass Einzelpersonen in der ANC-nahen schwarzen Wirtschaftselite davon profitieren könnten, indem sie sich Vermögen aus Minen aneignen oder Unternehmen Anteile abkaufen.

"Es kann sein, dass die Jugendliga von bestimmten Leuten ermutigt wird, im Glauben, wenn der Staat Bergwerke übernimmt, können sie diese Geschäfte führen", sagt Zokwana. Die NUM werde aber jeden politischen Kurs boykottieren, der dem Bergbausektor Schaden zufügt. Immerhin trage er neun Prozent zum Bruttosozialprodukt bei und beschäftige eine halbe Million Menschen. Bei einer totalen Verstaatlichung würden diese Jobs auf Spiel gesetzt. Der Bergarbeiterführer räumt allerdings ein, dass Modelle wie im benachbarten Botswana und Namibia auch in Südafrika Unterstützung finden könnten. Dort gehört den Regierungen die Hälfte der Anteile im Diamantenabbau gemeinsam mit der südafrikanischen Firma De Beers.

Zwelinzima Vavi, Generalsekretär des an der Regierung beteiligten Gewerkschaftsdachverbandes Cosatu, verurteilt die ANC-Jugendliga nicht. Aber "die Debatte startete auf dem falschen Fuß und am falschen Platz", meint Vavi. "Sie ist verengt worden und stellt die ansonsten sehr notwendige Diskussion über die Rolle des Staates in der Wirtschaft in ein schlechtes Licht." Cosatu glaubt, Südafrika brauche eine "gemischte Wirtschaft" mit Privat- und Staatsbesitz. In einem Vorschlag formulierte allerdings die Linke den Wunsch nach einer Staatsbank und einer Verstaatlichung von Pharmaunternehmen und Baufirmen. Das solle der Krise entgegenwirken, die Südafrikas Gesellschaft spaltet: Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander.

Die soziale Ungleichheit werde durch Nationalisierung von Bergwerken eher noch stärker, meint Clive Coetzee, Ökonom im Finanzministerium. Arbeitslosigkeit und Armut nähmen dann weiter zu. "Die Regierung kann nicht besser im Bergbau wirtschaften als der Privatsektor, der auf Anreizen und internationalem Wettbewerb basiert."

Südafrikas große Unternehmen finden, die Regierung solle sich vor allem auf den Ausbau der Infrastruktur konzentrieren. Cynthia Caroll, Geschäftsführer des weltweit drittgrößten Bergbaukonzern AngloAmerican mit Sitz in Johannesburg, sagt, Eisenbahn und Häfen müssten ausgebaut werden, die Energie- und Wasserversorgung verbessert werden. "Die Erfahrung in anderen Ländern hat gezeigt, dass Nationalisierung einfach nicht funktioniert."

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