Suchtgefahren in der Pandemie: Kein Alkohol ist auch eine Lösung

Laut einer Umfrage trinken weniger junge Menschen exzessiv, aber regelmäßiger Alkohol. Eine psychische Disposition verstärkt dabei die Suchtgefahr.

Eine Person trinkt aus einer Bierflasche

Der Januar ist vorbei – und aus eins wird zwei Foto: Frank Muckenheim/plainpicture

Es ist wieder diese Jahreszeit, in der sich alles um Selbstoptimierung durch Verzicht dreht. Was früher die Fastenzeit war, hat sich verstärkt durch soziale Medien an den direkten Anfang des Jahres verschoben. Gemieden werden den Januar über vorzugsweise tierische Produkte, Zucker oder aber – und darum geht es hier – Alkohol.

Wenn dieser Text erscheint, ist der Monat bereits fast passé, ähnlich dürfte es sich mit den guten Vorsätzen vieler verhalten. Denjenigen, die es geschafft haben, sich ihrem Ziel anzunähern, gratuliere ich. Sicher fiebert ihr bereits dem ersten kühlen Bier oder dem ersten Schluck Wein entgegen. Fair enough.

Statt wieder von null auf hundert in alte Gewohnheiten zu verfallen, schlage ich vor, den Alkoholkonsum nachhaltiger zu überdenken. Alkohol steht hier eher exemplarisch für was auch immer uns schwerfällt zu regulieren. Warum sonst üben wir uns einen Monat lang im Verzicht, hätten wir nicht das Gefühl, uns beweisen zu müssen, dass wir es (noch) können?

Aus eins wird zwei

Mir jedenfalls geht es so, und da ich ech­te*r Digital Native bin, habe ich mich dem sogenannten Dry January verschrieben. Allzu schnell schleicht sich dort Gewohnheit ein, wo es gerade noch um Genuss ging: Ein Bier nach körperlicher Anstrengung, ein Glas Wein nach getaner Arbeit.

Aus eins wird zwei und das dann schnell mal an mehreren Tagen die Woche, statt vielleicht früher nur am Wochenende. Vor allem seit der Pandemie scheint sich der Alkoholkonsum noch mal verändert zu haben, oder kommt es mir nur so vor? Nicht, wenn man sich Studien aus der Coronazeit ansieht.

Die Anzahl junger Rauschtrinker*innen, die in Krankenhäuser eingeliefert wurden, sei seit Corona zurückgegangen, heißt es in einer von der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) beauftragten Forsa-Umfrage. Dafür gaben 13 Prozent der Befragten an, insgesamt regelmäßiger Alkohol zu konsumieren.

Auch ein Bericht der OECD zeigt, dass sich der Alkoholkonsum durch die Pandemie und die damit einhergehenden veränderten Lebensumstände verändert habe. Stress, Ängste, Frust, sogar Langeweile begünstigten den Griff zur Flasche.

Eigenständige Krankheit

Das früher weitverbreitete Vorurteil, Alkoholismus sei Symptom einer bereits vorherrschenden Persönlichkeitsstörung, konnte glücklicherweise revidiert werden. Heute ist klar, dass es sich dabei um eine eigenständige Krankheit handelt, eine Sucht, die Körper und Geist allmählich zerstört und an der je­de*r erkranken kann.

Dennoch wirkt sich Alkohol auf Menschen mit einer psychischen Disposition häufig schwerwiegender aus – ihre Symptome verstärken sich durch den regelmäßigen Konsum. Was sich kurzzeitig gut, gar hilfreich anfühlt, ist es oft nach kurzer Zeit nicht mehr.

Ich merke, dass es mir nach fast einem Monat ohne Fusel um einiges besser geht: Ich bin weniger müde, konzentrierter. Quälen mich doch manchmal Ängste und Hoffnungslosigkeit, finde ich andere Wege der Zerstreuung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Sophia Zessnik ist seit 2019 bei der taz und arbeitet in den Bereichen Kultur und Social Media. Sie schreibt am liebsten über Alltägliches, toxische Männlichkeit und Menschen im Allgemeinen. In ihrer Kolumne „Great Depression“ beschäftigt sie sich außerdem mit dem Thema psychische Gesundheit.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.