Stürmerstar Robert Lewandowski: Promotion in Effizienz
Vom Einzelkämpfer zum gnadenlos verlässlichen Kollektivgeist: Wie Bayern Münchens Stürmer Robert Lewandowski wurde, was er ist.
E s ist viel gedeutelt worden darüber, wie es dazu kam, dass die Bayern dem Mythos Barcelona acht Tore eingeschenkt haben. Wie es zu diesem Hunger nach Erfolg kam, der eher wie ein Fressflash wirkte: beeindruckend und übertrieben gleichzeitig. Es ist viel geschrieben worden über die Schnelligkeit der Beine von Alphonso Davies und die Beharrlichkeit der Zunge von Thomas Müller. Einer, der sonst immer, an diesem Abend aber etwas weniger im Mittelpunkt stand, ist Robert Lewandowski.
Zunächst einmal ist da Lewandowskis unbedingter Wille zum Erfolg. Der Mann ist Wasser, er findet immer einen Weg. Und dabei ist kaum eines seiner Tore in der aktuellen Champions-League-Saison bemerkenswert schön, übertrieben telegen oder spektakulär. Sie sind besser als das: Sie sind auf brutale Weise effektiv. Denn natürlich kann Lewandowski auch Spektakel, er hat jede Sorte Musik im Fuß. Und trotzdem ist die Hälfte seiner Buden sozusagen reingewichst; mithilfe sogar der Schmierigkeit des Schuhpflegemittels in die Ecke bugsiert, oder auch in die Mitte.
Lewandowski ist obendrein ein Teamplayer geworden. Sechs Tore hat er schon vorbereitet in dieser CL-Saison; keiner hat mehr Kisten aufgelegt. Der Mann, der früher als Paradebeispiel eines Egoisten galt, der hat sich inzwischen eingefunden. Das muss harte Arbeit gewesen sein, und ist es sicher immer noch. Man sieht ihm diese Arbeit auch an: Es hat etwas Pflichtschuldiges, wie er nach Toren zu den zufällig in der Nähe stehenden Mitspielern hintrabt und sie abklatscht; manchmal rutscht ihm dabei sogar ein Lächeln durch. Aber meistens nickt er den anderen nur bestätigend zu. Muss auch reichen. Emotionen sind was für Torhüter.
Wobei, das ist ein Fehlschluss: Nur weil er keine Gefühle zeigt, heißt das ja nicht, dass er keine hat. Es sind aber vielleicht nicht immer die Gefühle, die man von ihm erwartet. Das hat es ihm in der Vergangenheit schwer gemacht, gemocht oder gar geliebt zu werden. Sicher, respektiert wurde er immer; aber oft mischte sich dieser Hochachtung eine Prise Vorsicht bei.
Das mag auch daran gelegen haben, dass Lewandowski nicht immer einen Hehl daraus gemacht hat, nicht aufs Tiefste seelisch verwurzelt zu sein mit dem FC Bayern und der Stadt München; aber auch daran, dass er keine großen Brüche in seiner Karriere hat erfahren müssen.
Und dabei kann man das Wort „Brüche“ durchaus auch medizinisch verstehen: Lewandowski hat einen derart fußballkompatiblen Körper, dass die wenigen Reparaturen, die notwendig wurden im Laufe der Zeit, meistens in die Winterpause gelegt werden konnten. Und obendrein ist da noch sein Ehrgeiz, der oft auch einen Touch zur Selbstverliebtheit hat. 2017 schloss er seinen Bachelor an der Warschauer Sporthochschule ab, Thema war: er selbst. Der Titel seiner Arbeit: „RL9 – Der Weg zum Ruhm“. Er bestand mit Auszeichnung.
Jetzt wird er als möglicher Weltfußballer des Jahres gehandelt, und obwohl ich dem FC Bayern ablehnend gegenüberstehe, würde mich das doch freuen; insbesondere freue ich mich auf den Blick, den Robert Lewandowski haben wird, wenn er die Trophäe präsentiert. Er hat die Gabe, gleichzeitig grimmig und lieb zu gucken, abwehrend und schüchtern.
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