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Studie zum UmweltbewusstseinDie Suche nach der Auto-Alternative

70 Prozent der Bevölkerung fahren täglich oder mehrmals pro Woche mit dem Auto. Doch die Bereitschaft zur Mobilitätswende wächst.

Früh übt sich Foto: dpa

BERLIN taz | Die Deutschen ­werden automüde. Laut der neuen Umweltbewusstseinsstudie wünschen sich 91 Prozent der repräsentativ befragten Bürger, „nicht mehr so stark aufs Auto angewiesen zu sein“. Weitere 79 Prozent wollen eine Stadtentwicklung, die „Alternativen zum Auto stärkt“. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die am Mittwoch die im Auftrag ihres Hauses erstellte Studie vorstellte, wertete die Zahlen als eine „starke und wichtige Botschaft sowohl für die Umweltpolitik als für die Stadtentwicklungspolitik“.

Schließlich rangiert der Verkehrsbereich mit seinen ungebremsten Emissionen als Öko-Sorgenkind Nummer 1. Im vergangenen Jahr war erstmals seit 1990 der Ausstoß an Treibhausgasen in Deutschland durch den hohen Verkehrsanteil wieder gestiegen. „Hier herrscht dringender Handlungsbedarf“, erklärte Harry Lehmann vom Umweltbundesamt (UBA), das die alle zwei Jahre erscheinende Studie fachlich verantwortet.

Die Daten zeigen, dass immer noch 70 Prozent der Bevölkerung täglich oder mehrmals pro Woche mit dem Auto fährt. Aber die Bereitschaft zur indivuellen Mobilitätswende wächst offenbar: 77 Prozent der Großstädter kann sich zumindest vorstellen, „häufiger zu Fuß zu gehen“ oder die öffentlichen Verkehrsmittel mehr zu nutzen (61 Prozent). Carsharing ist mit 26 Prozent Nutzungsbereitschaft ein Minderheitenprogramm. Weitere Themen der Studie, für die das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung 2.000 Personen befragte, waren neben dem Verkehr auch die Themenbereiche Gesundheit, Ernährung und Klima.

Im Ranking der wichtigsten Probleme kam der Umweltschutz auf Platz drei (21 Prozent), nach den Themen Zuwanderung/Migration (55) und Kriminalität/Sicherheit (47). Während die Umweltsituation in Deutschland überwiegend als positiv eingeschätzt wird, blicken die Bürger mit größerer Sorge auf globale Öko-Probleme. 74 Prozent sehen Plastikmüll im Ozean als „sehr bedrohliches Umweltrisiko“, 71 Prozent die Rodung von Wäldern und 56 Prozent das Artensterben. Dabei wird die Fraktion der Pessimisten stärker. Im Jahr 2000 hatten 60 Prozent der Befragten ihre Zweifel, ob sich die Folgen des Klimawandels in Deutschland bewältigen lassen; 2016 waren es 65 Prozent, während der Anteil der „Optimisten“ auf 35 Prozent schrumpfte.

74 Prozent sehen Plastikmüll im Ozean als sehr bedrohliches Umweltrisiko

Die Ministerin betonte, dass sich die Umweltpolitik in der kommenden Legislaturperiode stärker Fragen der sozialen Gerechtigkeit zuwenden müsse. „Dieser Zusammenhang wurde in der Vergangenheit zu wenig diskutiert.“ In Städten und Gemeinden müsse Umweltpolitik mehr auf die Lebenssituation und Wohnquartiere sozial benachteiligter Menschen ausgerichtet werden.

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9 Kommentare

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  • Die Presseerklärung der Umweltministerin passt nicht zum Inhalt der veröffentlichten Studie. Wenn ich gefragt werde, ob ich mir unter bestimmten Bedingungen vorgestellen kann auf das Auto zu verzichten, dann ist die Antwort selbstverständlich ja.

     

    Eine meiner Bedingungen könnte jedoch sein, dass ich täglich mit einem Hubschrauber zur Arbeit geflogen werde und die Kosten für diesen Chuttleservice die Kosten des bisherigen PKWs zumindest nicht überschreiten dürfen. Die Ministerin hat wahrscheinlich absichtlich nicht nach den "bestimmten Bedingungen" gefragt.

     

    Die letzte Studie hat ca. EUR 250.000. Hier wurde erneut Geld verbrannt.

  • Die Presseerklärung der Umweltministerin passt nicht zum Inhalt der veröffentlichten Studie. Wenn ich gefragt werde, ob ich mir unter bestimmten Bedingungen vorgestellen kann auf das Auto zu verzichten, dann ist die Antwort selbstverständlich ja.

     

    Eine meiner Bedingungen könnte jedoch sein, dass ich täglich mit einem Hubschrauber zur Arbeit geflogen werde und die Kosten für diesen Chuttleservice die Kosten des bisherigen PKWs zumindest nicht überschreiten dürfen. Die Ministerin hat wahrscheinlich absichtlich nicht nach den "bestimmten Bedingungen" gefragt.

     

    Die letzte Studie hat ca. EUR 250.000. Hier wurde erneut Geld verbrannt.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Es ist maximal verlogen von der Politik "Flexibilität" zu fordern, gleichzeitig die Immobilienpreise künstlich hoch zu halten und so zum "Pendeln" zwingen und dann irgendwas von "wichtigen Botschaften" zu faseln wenn sich die Leute was anderes wünschen.

     

    Ich hatte einige Jahre in denen ich knappe 50.000km gependelt bin und ja, ich hätte mir was anderes vorstellen können. Aber ich war "flexibel". Dafür dürfte ich mir dann knappe 2/3 vom Brutto abziehen lassen und vom verbleibenden Drittel noch bei jedem Einkauf Mehrwertsteuer zahlen.

     

    Ich machs nicht mehr und habe jetzt viel mehr Zeit, weniger Stress und immer noch genug Geld. Nur 2-3 Mio. Menschen die meinem Beispiel folgen und die Sache wär geritzt, das wäre dann mal ein starkes Signal. Wenn morgen 3 Mio produktive Pendler den Dienst verweigern können Hendricks et al. einpacken, binnen Wochen ersaufen die Städter dann in ihrer eigenen Kacke. Ohne Internet und Telefon können sie dann im Kalten und im Dunkeln sitzen und abwarten wie lange ws dauert bis Frau Hendricks die Sache regelt.

     

    Die heutigen Mobilitätsproblematiken sind Ausdruck einer aus den Fugen geratenen Gesellschaft. Wers nicht glaubt möge mal knappe 1.000 Stunden im Jahr "pendeln", viel Zeit zum darüber nachdenken....

  • Vorstellen kann man sich viel. Ich kann mir auch gut vorstellen Millionär zu sein oder nach Island auszuwandern. Wenn ich müsste, könnte ich vieles. So wird es den anderen Deutschen auch gehen.....

  • bin bereit sofort auf meinen umbauten verbrennungsmotor zu verzichten.

    lieber heute als morgen.

    wenn ich dafür mit einem esel und karren meine wege als handwerker machen darf.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Tja, wenn ein E-Bike auch mit 2000 Euro gefördert werden würde, wäre ich mit meinem Asthma auch mobil, ganz ohne Bahn und Bus zu jeder Tageszeit. Statt dessen muss ich mir die Anti-E-Bike Aufkleber von den intoleranten Rennradchauvinisten im Kiez anschauen.

    Den Gleichbehandlungsgrundsatz hat die Kanzlerin ja schon mit der Abwrackprämie in die Tonne getreten

    .

    Sorry, aber ich glaube nicht an die tatsächliche Geltung des Gleichheitsgrundsatzes im Grundgesetz, das ist nur eine Farce, die sich im Beschneidungsgesetz und der Prohibitionspolitik am meisten offenbart.

    Wenn dieser Grundsatz gelten würde, müßte Leuten ohne Auto/Führerschein auch eine Prämie für ein E-Bike gezahlt werden.

    Wenn Geschlechtergleichstellung tatsächlich ernst gemeint wäre, müßte grob die Hälfte aller Gleichstellungsbeauftragten Männer sein.

  • Toll. Endlich eine Studie mehr. Gefragt wurde "ob man es sich vorstellen kann das Auto stehen zu lassen". Das ist, wie man weiss, weit weg von wirklich zufuss gehen. 70% fahren Auto. Ja, die sind wohl in der jetzigen Lebensform darauf angewiesen. Es wird nicht einfach sein, davon, sei es Sucht oder Notwendigkeit wieder loszukommen. Ok, in Berlin schon. Da gibt es Alternativen. Aber ausserhalb von Berlin werden die Leute nicht unbedingt zur Landwirtschaft zurückkehren wollen. Zurück zur Studie: Was soll das "Ranking der wichtigsten Probleme". Wer hat die Fragen ausgesucht? Wie soll man Plastik im Meer gegen Artensterben aufrechnen? Das sind doch für den Befragten reine Theoriefragen, ohne Bezug zum Alltag. Wie wäre es mit einer Frage mit welcher kunststoffkugelhaltigen Kosmetik man sich heute geschminkt hat oder wo man den beschichteten TOGO Becher hingestellt hat?

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @fly:

      Sie mißverstehen das. Die Studie wurde vom Ministerium bestellt und jetzt von Feau Hendricks vorgestellt.

       

      Wieso sollte man da Fragen stellen die den eigenen Wahn entkräften könnten?

      • @32795 (Profil gelöscht):

        Während die Umweltsituation in Deutschland überwiegend als positiv eingeschätzt wird, blicken die Bürger mit größerer Sorge auf globale Öko-Probleme. 74 Prozent sehen Plastikmüll im Ozean als „sehr bedrohliches Umweltrisiko“, 71 Prozent die Rodung von Wäldern und 56 Prozent das Artensterben.

        Is'klar! Man verortet das Problem besser drausen in der Welt als vor der eigenen Haustür. Man könnte sich ja genötigt sehen mit an zu packen oder gar etwas zu ändern. Sich an die eigene Nase zu fassen und die eigenen Verhaltensweisen zu überdenken ist ja auch gefährlich. Doch Plastikmüll, Rodung und Artensterben lassen sich nicht auslagern, dies gibt auch bei uns.

        Direkt vor deiner Haustür Artgenosse!