Studie zu Zertifikaten: Handeln statt Schachern
Deutschland und Italien sind Schlusslichter bei ihren Klimaschutzmaßnahmen. Sich mit CO2-Zertifikaten freizukaufen, ist kein Ausweg.
Das Instrument der nationalen Energie und Klimapläne (NCEP) hat die EU eingeführt, um die gesamteuropäische Koordination zu erleichtern und Strategien und Maßnahmen zu definieren. Deutschland und Italien schneiden in den Berechnungen der Studie am schlechtesten ab. Das Problem: Statt Sofortmaßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen einzuführen, kaufen die Länder Emissionszertifikate.
Das führt laut der Studie allerdings dazu, dass es zu wenig Angebot gibt und der Bedarf nach ihnen steigt. Bereits Deutschland und Italien würden gemeinsam den Zertifikatmarkt aufgrund ihres hohen Treibhausgasausstoßes räumen.
Fraglich sei auch, ob sich Deutschland den Handel leisten könne: Der Zertifikatspreis, der zwischen den Staaten verhandelt wird, liegt laut Bloomberg aktuell bei 129 Euro. Deutschland würde durch den Kauf Kosten in Höhe von 16,2 Milliarden Euro erwarten, das Haushaltsdefizit würde damit auf gut 56 Milliarden ansteigen.
Verkehrsministerium stellt sich quer
Grund für die Verfehlungen hierzulande ist vor allem der Verkehrssektor: Verkehrsminister Volker Wissing hatte zuletzt mit Fahrverboten gedroht, um Druck auf die Koalitionspartner auszuüben. Infolgedessen wurde das Klimaschutzgesetz angepasst und die Sektorbegrenzung aufgehoben. Verfehlte Klimaziele im Bereich Verkehr dürfen nun mit den Bilanzen anderer Bereiche verrechnet werden.
Anders sieht es auf EU-Ebene aus. Dort müssen Klimaziele in fünf Schlüsselsektoren erfüllt werden, unter anderem im Straßenverkehr. So planen sie, die Emissionen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 zu senken. An diesbezüglichen Strategien mangele es nicht, aber an deren politischer Umsetzung.
Laut Sebastian Bock von Transport & Environment steht Wissing „vor einer klaren Wahl: Entweder er zahlt für den verschleppten Klimaschutz Milliarden an unsere Europäischen Nachbarländer oder er fängt endlich an, beim Klimaschutz im Verkehr ernst zu machen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen