Studie zu Nord Stream 2: Pipeline ohne Berechtigung
Der Naturschutzbund stellt fest: Nord Stream 2 konterkariere das Pariser Klimaabkommen und gefährde Vögel in der Ostsee.
„Weder geht ohne fossile Energieträger das Licht aus, noch ist Gas eine klimafreundliche Brückentechnologie. Das Gegenteil ist der Fall. Durch die Methanemissionen bei Förderung, Transport und Nutzung ist Erdgas ein Klimakiller, genau wie Kohle. Wir müssen Nord Stream 2 stoppen“, betonte Krüger.
Die Verlegearbeiten an der rund 1.200 Kilometer langen Pipeline zwischen Russland und der Insel Rügen sind seit Dezember 2019 unterbrochen. Durch die Pipeline soll Gas nach Deutschland und in weitere Staaten strömen. Es müssen dem Nord Stream-Konsortium zufolge noch etwa 120 Kilometer Pipeline in dänischen und etwas über 30 Kilometer in deutschen Gewässern verlegt werden.
Das Gutachten des Nabu widerspricht der energiewirtschaftlichen Argumentation der Nord Stream 2 AG, die die Gaspipeline während der besonders sensiblen Zeit der Winterrast im Vogelschutzgebiet Pommersche Bucht – Rönnebank weiterbauen will. Der entsprechende Antrag liegt derzeit beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) in Hamburg. Die Pipeline „konterkariert, ja missachtet deutsches Planungs- und Naturschutzrecht. Für den eiligen Weiterbau auf Kosten von Seetauchern und Meeresenten gibt es keine planungsrechtliche Legitimation“, sagte Kim Detloff, Nabu-Experte für Meeresschutz.
Verstoß gegen Pariser Klimaabkommen
Nord Stream 2 verstoße zudem gegen das Pariser Klimaabkommen: „Die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen 2015 sowie die 2020 damit im Einklang verschärften Klimaziele der Europäischen Union führen eindeutig dazu, dass keine fossile Infrastruktur – und damit auch keine Erdgasinfrastruktur – mehr errichtet werden darf.“
Es bestehe zudem weder kurz- noch langfristig eine Deckungslücke für Gas. Die Nachfrage in Europa sei seit 15 Jahren stabil, die bestehende Infrastruktur reiche für den heutigen und zukünftigen Bedarf vollkommen aus. Mit fortschreitender Energiewende werde der Gasbedarf in den nächsten Jahren deutlich zurückgehen, in Deutschland zwischen rund 70 Prozent und über 95 Prozent, meint das DIW.
Nord Stream 2 gefährde die Energiewende, heißt es in dem Gutachten weiter. Denn jede neue Infrastruktur für Erdgas erhöhe das Risiko des sogenannten fossilen Lock-Ins – es werde also damit schwieriger, die Abhängigkeit von klimaschädlichen fossilen Energieträgern zu verringern. Erdgas sei zudem aufgrund des darin enthaltenen klimaschädlichen Methans ungeeignet als Brückentechnologie.
US-Außenministerium warnt
Auch das US-Außenministerium warnte indes vor dem Weiterbau der Pipeline. Das Ministerium habe sich seit Jahresbeginn an am Bau beteiligte Firmen gewandt und sie auf mögliche Folgen aufmerksam gemacht, bestätigte ein Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwochabend. „Wir versuchen, die Unternehmen über das Risiko zu informieren und sie zu drängen, sich zurückzuziehen, bevor es zu spät ist“, sagte ein US-Regierungsmitarbeiter.
Demnach könnte das Außenministerium am Donnerstag oder Freitag einen Bericht über Unternehmen veröffentlichen, von denen es glaubt, dass sie den Bau der Pipeline unterstützen. Dazu gehören auch solche, die Versicherungen anbieten, bei der Verlegung der Unterwasserrohre helfen oder die Bauausrüstung des Projekts überprüfen. Dazu könne auch der Versicherer Zurich Insurance Group gehören, sagte der Regierungsmitarbeiter. Zurich sagte dazu, es sei verpflichtet, „alle anwendbaren Sanktionsbestimmungen vollständig einzuhalten“.
Zu den Finanzpartnern von Nord Stream gehören die deutschen Konzerne Uniper und die BASF-Tochter Wintershall Dea sowie OMV aus Österreich.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der BUND Niedersachsen veröffentlichten am Donnerstag ein Gutachten, dass sich klar gegen ein Flüssiggasterminal in Deutschland wendet, in dem US-amerikanisches Gas anlanden könnte. Das bei Stade an der Elbe geplante Terminal für Flüssigerdgas (LNG) sei aus Umwelt- und Sicherheitsgründen nicht genehmigungsfähig.
Mit der geplanten jährlichen Menge von 12 Milliarden Kubikmetern Flüssiggas wäre ein CO2-Ausstoß von rund 21 Millionen Tonnen verbunden. „Der geplante Import von durch Fracking gewonnenem Flüssigerdgas wäre ein klimapolitischer Sündenfall und passt nicht in die Zeit“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
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