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Studie zu Mindestlohn12 Euro für Wachstum

Für prekär Beschäftigte und im Wahlkampf ein Thema: Laut einer Studie würde ein Mindestlohn von 12 Euro die Wirtschaft in Deutschland kräftig ankurbeln.

Ein Megathema im Wahlkampf Foto: dpa

München afp | Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung unterstützt die Forderung von SPD und Grünen nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro. Eine schnelle Erhöhung des Mindestlohns auf diesen Satz helfe der deutschen Wirtschaft, so eine Studie der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung. Diese werbe dafür, den Mindestlohn von derzeit 9,60 Euro in drei Stufen bis Ende 2022 auf zwölf Euro zu erhöhen. SPD und Grüne fordern einen Stundensatz von zwölf Euro in ihren Wahlprogrammen, die Linke spricht sich für 13 Euro aus.

Bei zwölf Euro Mindestlohn gäbe es in Deutschland erheblich weniger Minijobs, dafür in gleicher Größenordnung mehr Jobs in Teil- und Vollzeit, heißt es in der Studie. Dies würde Deutschlands Wirtschaftsleistung um 50 Milliarden Euro jährlich steigern, das entspreche etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Einige Ökonomen sind allerdings dagegen, den Mindestlohn in Krisenzeiten stark und schnell zu erhöhen. Der jetzige Mindestlohn sei kein Problem, sagte Wirtschaftswissenschaftler Jens Südekum. Bei zwölf Euro sehe dies jedoch anders aus: „Es wird heikler, da gehen wir in den kritischen Bereich“, sagte Südekum der Süddeutschen Zeitung.

Jetzt 9,60 Euro Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn war 2015 eingeführt worden. Am Donnerstag stieg er um zehn Cent auf 9,60 Euro brutto; beschlossen sind bereits schrittweise weitere Erhöhungen auf 9,82 Euro zum 1. Januar 2022 und auf 10,45 Euro zum 1. Juli 2022.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Mindestlohnkommission hatte diese Sätze empfohlen. In der Kommission sitzen neun Mitglieder: drei von den Arbeitgebern entsandte Vertreter, drei Gewerkschafter, ein Vorsitzender und zwei Wissenschaftler.

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13 Kommentare

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  • Bei 12 Euro Mindestlohn ab 2023 ist ein Leben nur kurz über der Armutsgrenze möglich:

    Bei Vollzeitarbeit: 172 Stunden monatlich arbeiten macht mal 12 € gleich 2064 Euro Netto. Davon Steuer- und Sozialabgaben ab macht in Steuerklasse 1 in München für einen 35-jährigen Single 1456 Euro.

    www.brutto-netto-rechner.info/

    In München, Berlin und Hamburg könnte das jetzt schon zu wenig zum leben sein.

    Ich plädiere für erhebliche Steuererleichterungen für Geringverdiener. Wie wäre es mit Einkommenssteuerfreiheit bis 30.000 Euro Jahreseinkommen?

    • @Goldi:

      "...gleich 2064 Euro Netto."

      Das ist Brutto, also vor Steuern und Sozialabgaben. Netto ist das, was danach übrigbleibt.

      • @noevil:

        Ja danke für den Hinweis. Ist mir auch beim zweiten Lesen aufgefallen. (Ähem)

        Also richtig ist: 2064 Euro "Brutto" !!!

  • Was ist an der Forderung eines Mindestlohnes von 12 € so bemerkenswert?

    Das war vor 8 Jahren aktuell. die Zeit ist weitergelaufen, und mit ihr die Teuerung. Ganz besonders dank Covid und dank Klimaschutz.

    Schon vor 4 Jahren hat die Regierung ausgerechnet, dass man zu einer Rente nach 45 Berufsjahren einen Lohn von 12,40 braucht, um überhaupt über die Grundsicherung zu kommen.

  • Scholz? sicher! Bis nach der Wahl hat der doch sogar das Wort "Mindestlohn" wieder vergessen.

    PS: auch 12€ ist noch zu niedrig... Zumindest hier in der Gegend (Stuttgart)

    PPS: US-Präsident Joe Biden wird für Hunderttausende Mitarbeiter von Auftragnehmern der US-Regierung den Mindestlohn erhöhen – von derzeit knapp 11 US-Dollar auf 15 US-Dollar pro Stunde. Das entspricht rund 12,50 Euro. Der neue Mindestlohn gelte ab Anfang kommenden Jahres in Neuverträgen und bei der Verlängerung bestehender Verträge, erklärte eine ranghohe Vertreterin der Regierung. Ab 2023 soll der Mindestlohn dann entsprechend der Inflationsrate angepasst werden.

  • … auf jeden Fall würde das den Lohndruck auf alle Gehaltsgruppen erhöhen und damit die Inflation ordentlich anfeuern. Der Staat und andere Schuldnern freuts, die Rentner und Geldsparer haben das Nachsehen, ebenso die Transferempfänger.

    • @TazTiz:

      Gilt natürlich nur für die Löhne anderer. Immer schön nach unten treten.

    • @TazTiz:

      Von ordentlich anfeuern kann eigentlich keine Rede sein. Die EZB würde die Anleihenkäufe etwas einschränken können, die unteren Lohngruppen würden mehr konsumieren und investieren können, die Firmen wären besser ausgelastet, und würden bessere Zahlen schreiben.

      Im sozialbereich könnten die Beitragssätze gesenkt werden, da ja durch höhere Löhne in den unteren Gehaltsgruppen mehr Geld reinkommt, un wenigef Geld zum Aufstocken von Armutslöhnen ausgegeben werden müsste.

      Diese Argumentation ist genauso schlüssig wie das mantra von der ordentlich steigenden Inflation.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      dann muss halt die Zentralbank die Zinsen erhöhen, alles kein Drama.

    • @TazTiz:

      Der alte Mythos der Lohn-Preis-Spirale wird durch Wiederholung nicht wahrer.

      • @Bee67:

        www.bpb.de/nachsch...lohn-preis-spirale

        Nix Mythos sondern bittere Realität.

        • @TazTiz:

          Die Preise steigen abhängig von vielen Faktoren. Rohstoffkosten, Energiekosten, Kapitalkosten, Auslastungsgrad und Lohnkosten (in allen Produktionsbereichen). Wenn bei einer unterausgelasteten Wirtschaft durch eine höhere Auslastung mehr produziert wird, dann verteilen sich auch die Lohnkosten auf höhere Einnahmen, und die Gewinne können sogar steigen. Das steht zwar nicht im Duden, Sie können es siich allerdings anhand des BEispiels eines Restaurants selber ausrechnen.

          Miete, Steuern und Abgaben und Heizung sind konstant (Fixkosten), Nahrungsmittel und Energiekosten fürs Kochen steigen mit dem Umsatz.



          Personalkosten sind konstant. Hat der Wirt 2 Gäste (50%), dann verteilen sich die Personalkosten und die Fixlosten auf 2xEssenspreis.



          Bei 4 Gästen (100%) verteilen sich die Personalkosten und Fixkosten auf 4xEssenspreis.

          Man kann leicht ausrechnen, dass der preis bei höherer Auslastung selbst bei gestiegenen Lohnkosten nicht steigen muss. Das tut er erst, wenn das Restaurant immer voll ist.