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Studie zu Einsatz von AckergiftenBauern durch Pestizide vergiftet

Eine neue Analyse geht von global etwa 385 Millionen unbeabsichtigten Pestizidvergiftungen pro Jahr aus. 11.000 Menschen würden daran sterben.

In Südostasien gibt es eine hohe Zahl an Pestizidvergiftungen pro Jahr Foto: Sukree Sukplang/reuters

Berlin taz | Rund 385 Millionen Menschen vergiften sich einer Studie zufolge weltweit jedes Jahr unbeabsichtigt durch Pestizide. Etwa 11.000 würden sterben, heißt es in der vom Umweltverband Pestizid Aktions-Netzwerk in Auftrag gegebenen Analyse, die in der Fachzeitschrift BMC Public Health erschienen ist. Die Schätzungen beziehen sich zum Beispiel auf Unfälle, etwa auf Bauernhöfen, aber nicht auf Suizide.

Die meisten Vergiftungen gibt es demnach in Südasien, gefolgt von Südostasien und Ostafrika. Besonders betroffen sei Burkina Faso: Dort würden jährlich fast 84 Prozent der Land­ar­bei­te­r*innen unbeabsichtigte akute Pestizidvergiftungen erleiden. Fast 60 Prozent der Todesfälle treten laut Studie in Indien auf.

Die Forscher haben für ihre Hochrechnungen nach eigenen Angaben die mehr als 800 wissenschaftlichen Publikatio­nen ausgewertet, die zwischen 2006 und 2018 zu dem Thema veröffentlicht wurden. Davon wählten sie 157 Arbeiten nach Eignung aus und ergänzten sie durch die Todesursachen-Datenbank der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Damit seien insgesamt 141 Länder abgedeckt.

Die WHO hatte 1990 eine Million unbeabsichtigte Pestizidvergiftungen und 20.000 Todesfälle geschätzt. Dabei wurden jedoch Daten aus weniger Ländern berücksichtigt als in der aktuellen Studie.

Hersteller verweisen auf Schulungen für Bauern

„Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, wie sehr das Leid von Millionen von Menschen über Jahrzehnte massiv unterschätzt wurde“, teilte Susan Haffmans, Referentin beim Pestizid Aktions-Netzwerk (PanGermany) mit. „Die tagtäglichen Vergiftungen führen dauerhaft auch zu chronischen Erkrankungen, wie Krebs, zu neurologischen Schädigungen und zu Fruchtbarkeitsstörungen. Wir müssen endlich ein schrittweises Verbot der schlimmsten Pestizide, der sogenannten hochgefährlichen Pestizide (HHPs) durchsetzen“.

CropLife International, ein Verband von Pestizidherstellern wie der Bayer AG, teilte der taz mit, die Risiken von Pflanzenschutzmitteln würden überprüft. „Studien wie die kürzlich in BMC Public Health veröffentlichte weisen auf die Notwendigkeit hin, einen verantwortungsvollen Gebrauch von Pestiziden sicherzustellen.“ CropLife International und seine Mitglieder würden jedes Jahr Millionen Menschen darin schulen, die Chemikalien sicher anzuwenden.

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3 Kommentare

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  • Guten Morgen Herr Maurin,



    kurze Frage: folgt man Ihrem Link, so erhält man unter Results die Information, dass "approximately 740 000 annual cases of UAPP were reported by the extracted publications (...)". Diese Paper (extracted publications) deckten ca. 58 Länder ab und damit ca. 40% der untersuchten 141 Länder.



    Die Diskrepanz zwischen 385 Millionen und 740 000 scheint vor diesem Hintergrund trotzdem bedeutend.



    Vielleicht könnten Sie weitere Informationen liefern, die diese Dunkelziffer erklären.



    Vielen Dank im Voraus!

  • Wenn ich mich recht entsinne, betrifft das auch ärmere Landpopulation in den Amerikas, die entweder enteignet, nachfolgend u.a. auf Plantagen angeheuert werden und denen, wie beschrieben, kaum Arbeitsschutz zugestanden wird. Zum anderen leben einige in der Nähe von diesen Plantagen und sind u.a. den vergifteten Böden und Trinkwasser ausgesetzt.



    Und das womöglich für Futtermittel für hiesige Tierproduktion, "Südfrüchte" oder hier eingespeisten Biosprit.

  • nicht das gesunde Glyphosat das man in Südtirol neben Kindergärten versprüht? Diesen Lufterfrischer höchster Qualität!