Studie über Photovoltaik-Nutzung: Hamburg hinkt hinterher

Nur zehn Prozent der Dachfläche von Hamburger Neubauten sind mit Photovoltaik ausgerüstet. Das liegt offenbar an den Interessen der Großinvestoren.

Ein Arbeiter installiert Solarpanelen auf dem Logistikzentrum Altenwerder.

Geht doch und zwar schon lange: Installation von Solarpanelen auf dem Logistikzentrum Altenwerder Foto: Angelika Warmuth/dpa

HAMBURG taz | Hamburg spart an Photovoltaikanlagen auf Hausdächern. Das zeigt eine Studie des Ökostromanbieters Lichtblick, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Nur zehn Prozent der Dachflächen auf Neubauten in Hamburg sind demnach mit Solaranlagen ausgestattet. Hamburg ist damit im Vergleich zu den anderen 13 größten deutschen Städten das Schlusslicht.

Die Studie untersuchte, wie viel Dachfläche durch Neubauten 2019 entstanden ist und wie groß die Fläche ist, die neu gebaute Photovoltaikanlagen einnehmen. Der Vergleich dieser beiden Werte zeigte: Von rund 12.000 neuen Haushalten, die in Hamburg mit Solarstrom versorgt werden könnten, haben nur 1.300 Zugang zu Solarstrom.

„Hamburg hat in der Vergangenheit viele Chancen vertan“, sagt Ralf Schmidt-Pleschka von Lichtblick. Im Klimaschutzplan von 2015 sei Solarenergie kaum vorgekommen. Hamburgs Energieagentur sei vor zehn Jahren geschlossen worden. „Das rächt sich jetzt“, sagt Schmidt-Pleschka. Auch Frankfurt und Berlin schneiden schlecht ab. „Wir vermuten, dass alle Millionenstädte auch deshalb am Ende der Skala stehen, weil dort besonders viele Großinvestoren bauen“, sagt Schmidt-Pleschka. „Und die interessieren sich häufig nicht für Solarenergie.“

Schon im vergangenen Jahr hatte Lichtblick eine Studie veröffentlicht, nach der Hamburg gerade mal auf sieben Prozent für Solarenergie genutzter Neudachfläche kam. Photovoltaik auf Hamburgs Dächer zu bringen, sei auch Überzeugungsarbeit, schreibt die Sprecherin der Umweltbehörde. „Vielen Hausbesitzern ist nicht klar, dass sich trotz des sprichwörtlichen Schietwetters Photovoltaik in Hamburg lohnt.“

Ralf Schmidt-Pleschka, Lichtblick

„Hamburg hat in der Vergangenheit viele Chancen vertan, das rächt sich jetzt“

Im vergangenen Dezember verfügte der Senat per Rechtsverordnung eine Solardachpflicht, die Bauherren ab 2023 zwingt, Neubauten mit Solardächern zu versehen – sei es mittels Photovoltaik oder Solarthermie. Bereits bestehende Gebäude müssen ab 2025 mit Solardächern bestückt werden. Wie viel Prozent der Dachfläche die Anlagen bedecken sollen, ließ der Senat offen.

„Die Verordnung war ein großer Schritt in die richtige Richtung“, sagt Schmidt-Pleschka. Auf die Frage, warum die Regelung erst ab 2023 in Kraft tritt, antwortet die Umweltbehörde, die Übergangsfrist diene der Rechtssicherheit: „Neubauvorhaben haben einen langen Planungsvorlauf. Durch die Übergangsfrist werden Umplanungen vermieden.“

Nicht jeder ist mit der Solardachpflicht einverstanden. Verschiedene Wohnungsunternehmen hatten im Dezember gewarnt, dass die Wohnnebenkosten zur Finanzierung der Solaranlagen steigen würden: Es würden die „zusätzlichen Kosten für den Klimaschutz nicht durch die Einsparungen bei den Strom- und Heizkosten ausgeglichen“ – auch weil die Energieunternehmen regelmäßig ihre Preise erhöhten. Mittlerweile habe sich die rechtliche Lage etwas entspannt, da Wohnungsunternehmen nun Solarstrom ins Netz einspeisen dürfen, sagt der Sprecher des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Eine aktuelle Stellungnahme seitens der Wohnungsunternehmen gibt es nicht.

Die Umweltbehörde sieht die Verantwortung für die Förderung der Anlagen beim Bund. Die Stadt konzentriere sich dagegen auf „Beratungsangebote und Informationsmaterialien“.

Dass die Verordnung zulasten der Mie­te­r:in­nen gehen könnte, findet die Linksfraktion der Bürgerschaft problematisch. Prinzipiell sei eine Solardachpflicht sinnvoll, die Warmmieten müssten jedoch konstant bleiben. „Es müsste mehr staatliche Förderprogramme für Solardächer geben“, sagt der Abgeordnete Stephan Jersch. Auch müsse man in Erwägung ziehen, weitere ungenutzte Flächen für die Solarstromgewinnung zu nutzen. „Damit wir die Klimaziele erreichen, müssen wir jedes bisschen Energie zusammenkratzen, was wir haben“, sagt Jersch.

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