Studentenproteste in Chile: Bis die Gebühren weg sind

Trotz der Ankündigung, Studiengebühren abzuschaffen, demonstrieren die Studenten weiter. Sie fordern Mitbestimmung und erinnern an ihre Opfer.

Demonstranten in Santiago demonstrieren gegen Polizeigewalt und eine bessere Bildungspolitik. Foto: reuters

SANTIAGO DE CHILE afp/dpa | In Chiles Hauptstadt haben erneut zehntausende Studenten gegen die Bildungsreform von Staatschefin Michelle Bachelet demonstriert. Nach Angaben der Organisatoren nahmen am Donnerstag rund 100.000 Menschen an dem Protestmarsch in Santiago de Chile teil.

Sie marschierten vor das Bildungsministerium und den Sitz des staatlichen Fernsehens. Einige vermummte Demonstranten griffen Polizeibeamte mit Stöcken und Steinen an. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer gegen sie ein. Auch in der Hafenstadt Valparaíso gab es bei einer Studentendemonstration Zusammenstöße.

Zu den Kundgebungen hatten Studentenverbände und Gewerkschaften aufgerufen. Sie forderten mehr Mitsprache bei Bildung und Arbeitsrecht und protestierten gegen Korruption in dem Land. Die Verbände demonstrieren seit langem gegen das Bildungssystem, dass seit der neoliberalen Umgestaltung während und nach der Pinochet-Diktatur (1973-1990) weitgehend privatisiert ist.

Eine der Hauptforderungen ist die Abschaffung der hohen Studiengebühren. Ein Hochschulsemester kostet bis zu 5.000 Euro. Nach Angaben der OECD geben chilenische Eltern durchschnittlich 22 Prozent ihres Einkommens für die Bildung ihrer Kinder aus. Mehr als doppelt so viel wie in den USA und ein Vielfaches mehr als europäische Eltern.

Bis 2020 kostenlos für alle

Die sozialistische Präsidentin Bachelet hatte vor einer Woche in ihrer Rede zur Lage der Nation kostenlose Hochschulbildung für rund 260.000 Studenten ab dem nächsten Jahr angekündigt. Die ärmsten 60 Prozent der Studenten sollten ab 2016 von dieser Regelung profitieren. 2017 sollten es 70 Prozent sein, bis 2020 dann 100 Prozent. Ein entsprechendes Gesetz soll in der zweiten Hälfte dieses Jahres kommen. Damit will Bachelet, die sich wegen Korruptionsskandalen auf einem Tiefpunkt ihrer Beliebtheit befindet, eines ihrer Wahlversprechen von 2013 umsetzen.

Doch die Ankündigung Bachelets geht den Demonstranten nicht weit genug. Zudem fordern sie eine stärkere Beteiligung an dem Reformprozess.

Die Demonstranten erinnerten auch an das Schicksal mehrerer Demonstranten. Ein 28-Jähriger war der bei Protesten vor einer Woche in Valparaiso von einem Wasserwerferstrahl am Kopf getroffen und schwer verletzt worden. Zwei weitere 18 und 24 Jahre alte Studenten waren von einem Privatmann erschossen worden, als sie Plakate an dessen Hauswand befestigen wollten.

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